Sowjetische Militärberater in Angola


Über 15 Jahre lang (1975-1988) herrschte in Angola Bürgerkrieg. Den Höhepunkt bildete die Schlacht um Cuito Cuanavale, die größte Kampfhandlung in Afrika seit dem Zweiten Weltkrieg. Südafrikanische Streitkräfte kämpften gegen angolanische FAPLA Truppen und ihre kubanischen Alliierten. Ihnen standen sowjetische Militärberater zu Seite und sie setzten massiv sowjetische Waffen und Gerät ein. Die Sowjets und die Kubaner bildeten dabei in vielerlei Hinsicht das entscheidende Element auf angolanischer Seite.

Der Einsatz der Kubaner und der Sowjets wird heute gerne "vergessen", lässt er das südafrikanische Eingreifen doch in einem anderen Licht erscheinen, da das damals südafrikanische Südwestafrika (Namibia) an Angola grenzt und Angriffe von SWAPO-Insurgenten von Angola aus geführt wurden. Angola beherbergte neben SWAPO- und FAPLA-Lagern auch ANC-Lager, die alle als Schulungs- und Ausrüstungsstützpunkte genutzt wurden und sich der Unterstützung der sozialistischen Länder bedienen konnten. Damit war Südafrika durch drei Terrororganisationen und mehrere konventionelle Streitkräfte bedroht, die von Angola aus operierten. Allein aus Kuba waren 1988 55.000 Soldaten, bis 800 Panzer und rund 1.000 Flugabwehrsysteme im Einsatz.
Eine Ironie der Geschichte ist es, dass der kubanische General Orlando Ochoa Sanchez, der die kubanischen und angolanischen Streitkräfte bei Cuito führte, 1989 nach seiner Rückkehr nach Kuba zum Tode verurteilt wurde - angeblich wegen Drogenvergehens.

Ein neues Buch ("Bush War. The Road to Cuito Cuanavale. Soviet Soldiers' Accounts of the Angolan War") zeigt jetzt aus der Sicht ehemaliger sowjetischer Militärberater verschiedene Aspekte des Bürgerkriegs und die tiefe Verknüpfung der Sowjets mit diesem Krieg. Das Buch erschien zunächst in Russland, dann in einer englischen Übersetzung in Südafrika.

Die ehemaligen Soldaten erscheinen jeweils mit vollem Namen und Dienstgrad sowie einer kurzen Beschreibung ihrer Einsatzaufgaben. Hinzu kommen zahlreiche neue Bilddokumente, die teilweise sehr aufschlussreich sind - z.B. sind sowjetische Offiziere in kubanischen Uniformen zu sehen oder Sowjets in Kampfgräben vor Cuito Cuanavale. An Art und Umfang der sowjetischen Beteiligung an diesem Krieg (und damit an der Mitverantwortung für seine Dauer) dürfte somit noch wenig Zweifel bestehen.
Zu recht merkt das südafrikanische Vorwort an, dass die Erlebnisberichte denen südafrikanischer Soldaten gleichen. Sie handeln vom Gefühl bei einem Luftangriff, von einem Gefecht oder dem Gefühl, weit von zu Hause in einem schwer verständlichen Krieg zu sein. Weit verbreitet ist auch die Geringschätzung der angolanischen FAPLA-Soldaten, die als größtenteils unfähig und feige wahrgenommen werden ("the Angolans hear gunfire and run. They aren' really brave soldiers").
Zu den beteiligten sowjetischen Soldaten gehört u.a. Vladimir Vasilievich Kostrachenkov, der bei seinem zweiten Einsatz 1979-81 mithalf, das Flugabwehrsystem Pechora einzuführen oder Vyacheslav Aleksandrovich Mityaev, der mithalf Aufklärungseinheiten aufzubauen. Er beschreibt beispielsweise Feldbefestigungen, Minengürtel, schwere Waffensysteme und Truppen bei Cuito - Umstände, die oft genug "übersehen" werden, wenn es darum geht, den Angriff auf Cuito als gegen ein humanitäres Ziel gerichtet zu bezeichnen.
Igor Zhdarkin beschreibt u.a. die Zusammenarbeit der Sowjets mit der SWAPO, seiner Meinung nach eine sehr viel schlagkräftigere Organisation als die FAPLA, deren Lager in Angola und Angriffe auf südafrikanische Einrichtungen in Südwestafrika. Hinzu kommt ein angeblicher Nahkampf der Kubaner ohne Schusswechsel mit amerikanischen Special Forces.

Zu den genannten Waffensystemen, die die Sowjets einsetzten oder ihren kubanischen oder angolanischen Alliierten überließen, gehörten u.a. T-55, BMP-1 und T-62 Panzer, BRDM-2 Aufklärungsfahrzeuge, BM-21 Raketenwerfer, D-30 122 mm Haubitzen, M-120 120 mm Mörsersowie MiG 17, 21 und 23 und SU-22 Flugzeuge. Flugabwehrwaffen waren ZU-23-2 und ZPU-4 Maschinenkanonen bzw. -gewehre sowie schultergestützte Strela-2 und Strela-2M sowie die Pechora (S-125). Weiters dienten die auch diesen klimatischen Bedingungen und schlechtester Behandlung ausgesetzen Handwaffen AK-47, AKM und RPK allen drei truppenstellenden Nationen.
Die Geschichte des Krieges in Angola muss nicht neu geschrieben werden, aber sie kann auch Dank des Erscheinens dieses Buches endlich besser bewertet werden.


Gennady Shubin und Andrei Tokarev (Hg.): Bush War. The Road to Cuito Cuanavale. Soviet Soldiers' Accounts of the Angolan War. 2011.


Verweis
Süafrikas Kriege gegen ANC und SWAPO