Menschenrechtssituation in Südafrika im Fokus


Vom 16. bis 17. September 2011 tagte die Unrepresented Nations and Peoples Organization (UNPO) in Brüssel. Die UNPO ist eine internationale Organisation, die im Namen von Minderheiten weltweit handelt. Sie verfügt derzeit über rund 50 Mitglieder, die mehr als 200 Millionen Menschen weltweit vertreten.

Der Chef der südafrikanischen Vryheidsfront Plus/Freedom Front Plus, Dr. Pieter Mulder, der seit 2010 Mitglied des Executive Management der UNPO ist, nahm an der Sitzung teil und unterrichtete die Teilnehmer insbesondere über die gegenwärtige Situation der Minderheiten in Südafrika.
Die Wahrnehmung der internationalen Öffentlichkeit ist nicht nur durch die Fußballweltmeisterschaft 2010, sondern auch die einseitige Auslegung der jüngsten Kriminalitätsstatistik 2010/2011 beeinträchtigt. Ereignisse wie die Hetzrede („hate speech“) des Jugendführers des seit 17 Jahren regierenden African National Congress (ANC) und die Reaktionen des ANC auf ein Urteil, das Malema derartige Äußerungen untersagt, finden hingegen genau so wenig Beachtung wie die fortgesetzten Morde an weißen Farmern, denen bislang seit 1994 über 3.000 Menschen zum Opfer gefallen sind.
Mulder erklärte: “Wenn eine Krise in Südafrika ausbricht, sollte die internationale Gemeinschaft informiert sein, um die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Es ist zu spät, damit anzufangen, wenn die Krise bereits eingetreten ist. Die Welt muss die Malema Urteile und die Position des ANC dazu zur Kenntnis nehmen. Wenn der ANC damit droht, vor das Verfassungsrericht zu gehen weil Richter Lamonts Urteil, dass “Töte den Buren, töte den Farmer“ („Shoot the Boer, Shoot the Farmer”) nach Meinung dieser Partei keine Volksverhetzung, ist, sendet das ein sehr negatives Signal über die Beziehungen in Südafrika an die Welt.“
 In der Tat besteht hinsichtlich der Kriminalitätsentwicklung in Südafrika kein Anlass zur Entwarnung. Zwar sank die Anzahl der Morde um 6,5% und die Anzahl der Raubüberfälle um 10%. Andere Delikte bleiben aber auf hohem Niveau oder steigen an. Insgesamt erreicht Südafrika mit in diesem Jahr 2,1 Millionen Verbrechen international einen Extremwert. Die Polizei versagt häufig nicht nur bei der Aufklärung von Verbrechen, sondern sieht sich auch anhaltenden Vorwürfen der Korruption ausgesetzt.
         
Julius Malema gießt Öl ins Feuer
Jenny Reid von der Security Association of South Africa sagte, der Rückgang an Verbrechen sei zwar eine gute Nachricht, aber man solle auf einen weiteren Rückgang abzielen. Zu viele Verbrechen würden nach wie vor nicht gemeldet. Kritisch ist auch Julie Berg von der Universität Kapstadt. Sie denkt, dass viele Faktoren bei diesem Rückgang nicht beachtet wurden. Nicht nur die eigenen Erfahrungen der Menschen würden diesem Rückgang nicht entsprechen, sondern auch die statistischen Methoden der Polizei, die sich z.B. zunehmend weniger auf Ermittlungen, als auf Schätzungen und Zählungen wie in Leichenschauhäusern verlässt. Für die Freedom Front Plus erklärte Pieter Groenewald, Sprecher für Themen der Inneren Sicherheit, dass man den Rückgang bei den meisten Gewaltverbrechen begrüße. Er verwies jedoch darauf, dass die Fußballweltmeisterschaft mit ihrer starken Polizeipräsenz die Statistik beeinflusst hat. "Der weltweite Durchschnitt für Morde liegt bei 7 Fällen pro 100.000 Einwohner und Südafrikas Zahl liegt jetzt bei 31,9 Fällen pro 100.000 Einwohner. Das ist fünf Mal höher als der weltweite Durchschnitt." Er verweist auf die hohen Zahlen bei Einbrüchen und Vergewaltigungen und schlussfolgert "Südafrika ist nach wie vor kein sicherer Ort, insbesondere nicht für Frauen". Statistisch nicht erfasst würden die Zahlen für Farmmorde. Auch dürfe nicht vergessen werden, dass nur rund 10% der Kriminellen rechtskräftig verurteilt würden.


Neben der reinen Kriminalität erschwert auch die aufgeheizte politische Stimmung ein sicheres Zusammenleben. Gewalttätige Proteste haben in den letzten Wochen zu zahlreichen Verletzten und hohe Sachschäden geführt. Die Sozial- und Innenpolitik des seit 17 Jahren regierenden ANC ist dementsprechend umstritten. Politiker wie Julius Malema, dem Ambitionen nachgesagt werden, die nächste Präsidentschaft Südafrikas anzustreben, gießen sprichwörtlich „Öl ins Feuer“. So hat zuletzt der südafrikanische Polizeiminister Nathi Mthethwa bestätigt, dass die Polizei keine Mitteilung von Julius Malema über eine Bombendrohung gegen ihn erhalten hat und Malemas Haus auch nicht in diesem Zusammenhang untersucht worden sei. Malema hatte zuvor im Radio erklärt, sein Haus sei zwei Mal von der Polizei wegen Bombendrohungen untersucht worden. Offenbar ist ihm daran gelegen, den Eindruck zu erwecken, dass er von seinen politischen Gegnern bedroht würde. Mit diesen Aktivitäten versuchen er wohl, trotz seines aufwändigen Lebensstils und den Korruptionsvorwürfen gegen ihn, Zustimmung unter den sozial Schwächeren zu erzeugen.


Die Prognosen für Südafrika sehen nicht nur im Hinblick auf die Kriminalität schlecht aus. Zur wirtschaftlichen Situation schreibt der angesehene britische Economist im September 2011: „Der regierende African National Congress (ANC) mit seiner Politik des schwarzen wirtschaftlichen Empowerment, ist darauf fixiert, Wohlstand zu verteilen, anstatt ihn zu vermehren. Und die Geschichte wiegt gleichermaßen schwer in den Einstellungen der Schwarzen und Weißen. Die meisten Emerging Market-Länder, selbst solche mit schrecklicher Vergangenheit wie China und Vietnam, haben die Zukunft angenommen. Das geliebte Land [Südafrika] verharrt in einem ungesunden Maß in der Vergangenheit. … Die Stimmung in der südafrikanischen Wirtschaft ist so düster wie seit Jahren. Das Wachstum ist auf 1,3% gesunken - in Teilen wegen des globalen Trends, aber auch wegen der politischen Unsicherheit. Die Arbeitslosenquote liegt bei 25% und nicht ein einziger Job konnte netto seit dem Ende der Apartheid hinzugefügt werden. Die Ungleichheit ist größer als irgendwo anders auf der Welt. Die wirtschaftliche Stagnation hat zu politischem Radikalismus geführt: Die ANC Jugendorganisation erzeugt immer radikaleres Gelärme gegen die weiße Minderheit. Obwohl die ANC-Führung sie diszipliniert, spricht die Jugendorganisation offen über die Sozialisierung der Spitzenwirtschaft und die Schwächung von Landbesitzrechten. Die Innovationskraft der Emerging Markets bietet den besten Ausweg aus dieser Situation. Der ANC muss begreifen, dass seine Perspektive auf die Geschäftswelt um Jahrzehnte veraltet ist.“


Die Hinweise darauf, dass es nach 17 Jahren ANC-Regierung Zeit für einen Wechsel ist, sind deutlich. Es ist zu hoffen, dass sie auch in Südafrika selbst von den Wählern erkannt werden.