Das Projekt JagdWaffenNetzwerk gibt es ungefähr sieben Monate lang. Wir haben eine ganze Reihe positiver Erfahrungen gemacht. Viele gehen auf die über 7.000 Menschen zurück, die seit dem unsere Seite aufgerufen haben (das Gros kommt inzwischen über Suchmaschinen auf der Suche nach ganz unterschiedlichen Themen zu uns). Ebenfalls sehr positiv sind der gelegentliche Austausch und das Mitverfolgen von Beiträgen anderer Weblogs (unter den deutschen sind es die an anderer Stelle besprochenen Backyard Safari, Tetra Gun Waffenblog und Hunsrückwilderer – so manchen Beitrag könnten wir so, wie er ist, unterschreiben und lesen tun wir sie alle). Positiv beeindrucken auch der gute, alte und vor allem honorige und gleichzeitig aktive VdW (Verband für Waffentechnik und –geschichte) und das ähnlich gelagerte Presseflagschiff dwj (Deutsches Waffenjournal) unter der Führung des unerschrockenen Herausgebers Walter Schulz und die vielen positiven Begegnungen auf der Jagd und am Schießstand, wenn man anfängt über das Projekt zu sprechen. Aber wir haben auch ein paar alte deutsche Krankheiten entdeckt: Kleinteiligkeit, Konkurrenzdenken und Missgunst. Und leider leiden wir Legalwaffenbesitzer mehr oder weniger alle unter diesen Krankheiten.
Die Deutschen haben in ihrer Historie eine bemerkenswerte Zahl von Niederlagen ihrer Kleinteiligkeit zu verdanken. Nach dem Untergang des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806 und bis zur Reichsgründung 1871 haben wir uns hervorragend damit beschäftigt, uns mit verschiedenen Maß- und Gewichtseinheiten, unterschiedlichen Währungen, Zöllen und sogar in bewaffneten Konflikten gegenseitig so aufzureiben, dass die Gegner unseres Volkes zwar teilweise etwas das Feuer schüren mussten, aber im Großen und Ganzen entspannt zusehen konnten, wie wir uns selbst aufrieben. Sogar im Ausland haben wir es geschafft, uns auf diese Weise zu blamieren: So kämpften zum Beispiel im amerikanischen Sezessionskrieg nicht nur einzelne Deutsche, sondern auch als solche verstandene deutsche Truppenkörper bis auf Regimentsebene auf beiden Seiten mit. Natürlich hatte jede Seite recht. Diese Kunst der Selbstzerfleischung haben wir erfolgreich nach 1918 fortgesetzt, sozusagen perfektioniert und zwar mit den absurdesten Separatismusbestrebungen und abwechselnden Links- und Rechtsputschen, Generalstreiks und anderen Aktivitäten, die die Weimarer Republik so destabilisiert und geschwächt haben, dass schließlich deren bekanntes Ende eingetreten ist. Erinnern Sie sich an „Asterix bei den Goten“, wo sich alle Goten (mit obligatorischer Pickelhaube) gegenseitig bekämpfen und deshalb keine Zeit für Gallier oder Römer haben, obwohl sie denen vermutlich überlegen wären? Es ist kein Zufall, dass der Asterix-Texter dieses Beispiel der Deutschen gewählt hat und nicht etwa Asterix bei den Briten, bei den Belgiern oder bei den Schweizern diese Thematik behandelt.
Aber diese Kleinstaaterei findet sich nicht nur auf der Ebene unseres jeweiligen Staatsgebildes, sondern in jedem guten deutschen Verein: Es gibt so viele Vereine wie Deutsche und in dem jeweiligen Verein so viele gegensätzliche Meinungen wie Mitglieder. Ein gutes Beispiel dafür ist das deutsche Korporationsstudententum, das sich weiter durch zahlreiche verfeindete Verbände, Abspaltung, Flügelkämpfe, gegenseitige Distanzierungen und internen Streit marginalisiert, obwohl das eigentlich schon die Umwelt ganz alleine besorgen würde. Und diese schöne, wertvolle Idee des Waffenstudententums geht vor die Hunde. Ein echter Klassiker ist auch der Kampf zwischen KPD (und ihren diversen Vorläufern und Abspaltungen) und SPD in Weimar, die ineinander einen größeren Gegner sahen, als in allen anderen. Die ein oder andere moderne Flegelei zwischen SPD und Linken erfolgt also in bester deutscher Tradition.
Ein besonderes Beispiel stellen aber heute die deutschen Legalwaffenbesitzer dar. Zwar müsste die Pluralität von Meinungen, Medien und Organisationen nicht zwingend eine Schwäche gemeinsamer Positionen verursachen – das haben wir in „Splitter oder Block“ skizziert – und so sind die vielen „Schnellboote“ unterschiedlicher Anti-Waffen-Organisationen mit ihren vielen kleinen, oft nur lokalen Aktionen recht erfolgreich. Trotzdem schaffen die legalen Waffenbesitzer es, sich durch permanente Spaltung und Abgrenzung selbst zu marginalisieren. Derartige Erfahrungen haben wir jedenfalls reichlich gemacht. Wir zweifeln deshalb daran, dass der ein oder andere in unserer Gemeinschaft wirklich ein Interesse daran hat, sich für das Recht auf legalen Waffenbesitz als Sammler, Jäger oder Sportler einzusetzen. Hier und da mögen auch Gewinnstreben, Geltungssucht oder ganz einfach persönliche Defizite das Leitmotiv des Handelns sein.
Die Frage ist, ob man so etwas an dieser Stelle diskutieren sollte. Das lesen ja auch Außenstehende. Wollen wir nicht viel eher ein positives Bild der Legalwaffenbesitzer versuchen zu erzeugen? Nein, wir können nicht. Unter Inkaufnahme eines negativeren Images bei Außenstehenden wollen wir ein paar „Spaltpilze“ ermahnen, sich entweder einigermaßen zu vertragen oder aber sich bitte ein anderes Betätigungsfeld zu suchen.
Ganz am Anfang unserer Aktivität haben wir Pressemitteilungen an Waffen- und Jagdfachmedien versendet und angekündigt, dass es das JagdWaffenNetzwerk gibt und was es bezweckt. Manche haben etwas geschrieben, andere auch nichts. So ist das eben mit Neuigkeiten, der eine hält sie für relevant, der andere nicht. Wenn etwas erschienen ist, haben wir uns gefreut, wenn nicht, war es auch nicht schlimm, denn der Transfer von Print zu Online ist sehr gering (will sagen, es ist sehr schwer, Zeitschriftenleser zum Aufrufen einer Internetseite zu mobilisieren). Im negativen Sinne für bemerkenswert hielten wir aber die Antwort eines Redakteurs der Zeitschrift Visier. Der teilte nämlich mit, man wolle die weitere Spaltung der Legalwaffenbesitzer nicht fördern und deshalb nicht über das JagdWaffenNetzwerk berichten. Stattdessen sollten wir doch lieber irgendwo eintreten und da mitmachen. Abgesehen davon, dass offenbar nicht verstanden worden war, dass ein Weblog primär Medien- und nicht Organisationscharakter hat und schon deshalb irgend eine Mitgliedschaft nicht an Stelle einer Berichterstattung treten, sondern höchstens zusätzlich erfolgen kann, berichtete Visier vorher und nachher verschiedentlich über andere Organisationen, Weblogs und Gruppen, ohne dass diese merkwürdige Auffassung die Redakteure daran gehindert hätte. Vielleicht wurde aber auch sehr wohl erkannt, dass es sich bei Weblogs um eine Mediengattung handelt, und die Motive waren eher ökonomisch bedingt. Wie auch immer, zum Start eines neuen, wenn auch kleinen Mitstreiters wäre von einem Medium, das sich mitunter als Teil einer Bewegung zu verstehen scheint (wie gute Aktionen wie das rote "W" nahe legen) oder zumindest so darstellt (?) eine neutrale oder positive Reaktion normal gewesen. Zur Beruhigung: Die Kommunikationswissenschaft sagt übrigens, dass neue Mediengattungen die bestehenden in den seltensten Fällen substituieren. So gibt es ja immer noch Fernsehen, Hörfunk und Zeitungen nebeneinander.
Ein weiteres schönes Beispiel sind einige Schießsport- und Schützenvereine oder Dachverbände. Gerne erinnern wir uns an eine Versammlung, wo ein Verein deshalb aus dem Bund der Militär- und Polizeischützen (Vereinsmitgliedschaft) austrat, weil man da schlecht behandelt und langsam bedient werde und stattdessen in den Rheinischen Schützenbund eintrat. Zwar wird dort Großkaliberschießen nicht großgeschrieben, und einige Disziplinen gab es gar nicht mehr, die das Bedürfnis des einen oder anderen Mitglieds auf seinen aktuellen Waffenbesitz begründeten. Und dann gab es auch noch zu bedenken, dass man vielleicht lieber in einen Verband eintreten sollte, der für die Rechte der Legalwaffenbesitzer aktiv eintritt. Das hielt aber die Mehrheit der Mitglieder nicht für notwendig, sofern sie sich überhaupt äußerten. „Ist mir doch egal“, sagte ein etwa 60jähriger Mann mit weißem Haar, „ich will eh keine Waffen mehr“. Was wollte man darauf noch entgegnen? Man hatte ihn auch wirklich nie beim Schießen getroffen. Wie einige andere, die jedoch gerne mitdiskutierten. Es gibt eigentlich gemütlichere Wärmehallen als so einen Schießstand. Man kann ja auch zu Hause bleiben. Ganz so ging es unserem Autoren Christian, der schon äußerte, er werde langsam in seinem Schießsportclub scheel angesehen, weil er bereits mehrfach auf die drohenden Gefahren für den Legalwaffenbesitz hingewiesen hat und tatsächlich eine Vereinsjacke mit einem schwer jugendgefährdendem Emblem tragen wollte: einer stilisierten Waffe.
Oder denken wir an den BDMP insgesamt, der in der Vergangenheit vor allem durch die Weigerung auf sich aufmerksam machte, gemeinsam Schießsport zu betreiben (der neue Mann an der Spitze, Dieter Graefrath, macht allerdings Hoffnung auf einen Neubeginn und ist anerkanntermaßen äußerst kompetent – das Interview mit ihm in dwj 7/2010 ist lesenswert). Und ein echter Klassiker ist auch der "weltanschauliche" Konflikt innerhalb des Schießsports und der Verbände, der sich z.B. in einem bemerkenswerten Interview nach „Winnenden“ anhand des Desinteresses eines Funktionärs am Großkaliberschießen offenbarte. Auch da tun sich Gräben auf: Luftgewehrschießen, Kleinkaliber, Großkaliber, Trapp, Skeet oder gar das „böse“ IPCS. Und dann noch Bogen- und Armbrust-Schießen, Schwarzpulver-Schießen und das ebenfalls „böse“ Cowboy Action-Shooting. Bloß keine Gemeinsamkeiten aufkommen lassen, denn die Missachtung der Öffentlichkeit richtet sich natürlich immer gegen die anderen.
Ähnlich war es auf der Feier, wo einem von uns, Rüdiger, ein echter Schützenbruder gegenüber saß. Rüdiger saß mit drei Herren an einem Tisch. Der Gastgeber hatte mitgedacht: Drei Jäger (einer davon Rüdiger) und ein Schützenbruder. Schon hatten die beiden Jäger es beharrlich abgelehnt, auch nur ansatzweise über den Klassiker, nämlich die Kaliberfrage, oder auch die Zunahme des Schwarzwildes zu sprechen, da konterte schließlich der Schütze Rüdigers letzten Versuch, ein Gespräch anzuknüpfen (mit einer Frage nach seiner Schießpraxis) mit einem „Wir schießen überhaupt nicht“. Das hat aber gesessen. Rüdiger, ein äußerst toleranter Jäger, der mit jedem Buschmann oder Lappländer, den er in seiner reichen Jagdpraxis traf, bisher ein erquickliches Gespräch über die Jagd geführt hatte (bevor man sich Fotos der Kinder zeigte), musste den Rest des Abends Zuflucht zu Kaltgetränken nehmen, da ihm nun auch Themen wie die schönste Inneneinrichtung verleidet waren.
Seit dem sind uns Organisationen, die Waffen als Beiwerk verwenden, sozusagen als Illustration für ihr Beisammensein, verleidet.
Dann der Fall Verbändekrieg. Es gibt eine Fördervereinigung legaler Waffenbesitz, die irgendwie mit dem Forum Waffen online zusammenhängt, und einen Verein Pro Legal. Wer zuerst da war, wussten wir nicht und interessierte uns auch nicht. Wir haben in sechs Monaten vier Mal über diese Fördervereinigung und ihre Aktivitäten berichtet (inklusive eines Spendenaufrufes). Eine von uns, Gerlinde, hat gelegentlich unsere Aktivitäten in Waffen Online kommuniziert, z.B. die Anfragen an CDU und FDP oder den Konflikt mit der Ordnungsbehörde in München. Eine solche Nennung brachte dem JagdWaffenNetzwerk im Schnitt am ersten Tag durchschnittlich rund 50 Extraleser und ein paar positive Mails. Eingestellt wurden von Gerlinde im Forum elf Mal weiterführende Informationen, z.B. über Aktionen, an denen man teilnehmen konnte oder interessante Links und Zitate. Ein Mal haben wir nicht nur eine Aktion geschildert, nämlich das Sammeln wissenschaftlicher Zitate zum Zwecke des Versands an die Medien, sondern auch um Einsendung weiterer Literaturfunde gebeten. Es gab die üblichen 50 Extraleser, keinen einzigen Tipp, aber zwei erhebliche Anpfiffe von einem engagierteren Mitglied und einem Verantwortlichen von Waffen Online. Darin hieß es sinngemäß, wer noch nie gespendet habe und nicht Mitglied im Förderverein sei, dürfe nicht – und schon gar nicht für Pro Legal – Informationen abgreifen. Das sei unanständig. Nicht nur, dass niemand bei uns Mitglied von Pro Legal oder dort aktiv war (auch wenn ein Banner von denen bei JagdWaffenNetzwerk abgebildet ist) und wohl niemand Lust hat, sich zwingen zu lassen, ein Banner des Fördervereins abzubilden (das wurde ernsthaft eingefordert). Teilweise ließen auch Stil und Form der Mitteilung erheblich zu wünschen übrig. Die ansonsten als äußerst konziliant bekannte Gerlinde, die angesprochen war, und als Mutter von drei Heranwachsenden manche Unmutsäußerung gewöhnt ist, konnte nur schwer so weit beruhigt werden, dass sie folgende Entgegnung verschickte:
Anrede
Vielen Dank für die Nachricht.
JagdWaffenNetzwerk ist ein Projekt mehrerer Personen (die ihrerseits in verschiedenen Organisationen Mitglied und/oder aktiv sind) und im meist einen jagdlichen Hintergrund haben. Nur einer ist Sportschütze (derzeit leider inaktiv). Wir sehen uns als Medium, nicht als Forum oder Interessenvertretung.
Wie wir die LWB-Szene sehen und weswegen wir darin den Begriff Konkurrenz nicht akzeptieren, haben wir hier beschrieben: http://jagdwaffennetzwerk.blogspot.com/2009/12/splitter-oder-block-sind-wir.html#more
WO sehen wir primär als Forum im Sinne eines Austausches. Ich habe etwas eingestellt mit Zusatznutzen für die Leser (nämlich im letzten Fall die Zitate, in vorangegangenen Fällen Informationen über Aktivitäten) und gehofft, etwas zurückzubekommen (nämlich weitere Zitate im Interesse aller LWB) - allerdings haben wir keine Tipps bekommen.
Über die Fördervereinigung haben wir - wenn es Aktivitäten gab, die uns unterstützungswürdig erschienen oder Neuigkeiten wie z.B. hier: http://jagdwaffennetzwerk.blogspot.com/2009/12/gesucht-adressen-legalwaffenbesitzer.html#more
oder hier: http://jagdwaffennetzwerk.blogspot.com/2009/11/organisationen-fordervereinigung.html#more
oder hier: http://jagdwaffennetzwerk.blogspot.com/2009/12/konnen-zahlen-in-die-irrefuhrung.html#more
- der relativ prominente Link zur Spendenaktion anläßlich der Verfassungsklage ist inzwischen weg wegen seiner temporärer Bedeutung). Ich denke die Leser unseres Blogs sind wegen ihres Hintergrundes weniger WO-Leser, so dass sich auch hier durchaus ein Mehrwert ergibt. So etwas wie die Organisationsvorstellung haben übrigens kaum andere Organisationen bekommen - keiner übrigens trotz Informationsersuchen unsererseits hat dazu irgendetwas beigetragen.
Ich würde also denken, die Bilanz ist relativ ausgeglichen.
Klar könnte man auch noch ein Banner platzieren, obschon wir „Bannerfriedhöfe“ nicht für effektiv halten - uns liegt auch entsprechendes feedback von einer Organisation vor. Man hätte auch tauschen können oder es einfach so tun.
Was mich erheblich stört ist, wenn jemand sich anmaßt, mein moralischer Mentor sein zu wollen (so etwas gehört sich nicht). Da geht es mir wie meinem mittleren Kind (5), da werde ich bockig. Besser wäre so etwas gewesen wie „Hallo Gerlinde, wie wär's mit unserem Banner...“.
Mit freundlichen Grüßen
Gerlinde
Wir hänseln Gerlinde zwar damit, dass sie nun bald als Querulant aus dem Forum Waffen Online rausfliegt, aber eigentlich ist dieser Vorgang zu bedauerlich, um damit seinen Spaß zu treiben. Nicht nur wegen des Geflegels. Und er ist symptomatisch.
Dann die Jägerschaft. Nicht nur, dass sich der Deutsche Jagdschutzverband ausgerechnet in dem Moment intern zerfleischt und es nennenswerte Abspaltungen (wie die Bayern) gibt, wo das Jagdrecht bundesweit völlig auseinander driftet und sich insgesamt die bedauerliche Haltung „Wald vor Wild“ breit macht. Nein, der Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen schafft es auch noch, kurz vor der NRW-Wahl den stärksten Kritikern der Jagd und des legalen Waffenbesitzes ein Wahlkampfforum in seiner Verbandszeitschrift zu geben, nämlich den Grünen, und Kritik daran brüsk abzuweisen. Und dann gibt es natürlich noch die Fraktion der Vorderladerschützen unter den Jägern und die der Befürworter von Bogenjagd (und sogar – besonders böse – der Jagd mit der Faustfeuerwaffe) und die Jäger, die gerne Selbstlader benutzen und solche, die sie vehement ablehnen (weil das ja, anders als der gute alte K 98, alles Militärwaffen sind). Und dann sind da noch die Jäger, die Tarnkleidung ablehnen und solche, die Loden ablehnen, wieder andere, die in Jeans kommen und schließlich diejenigen, die jede Hochwildjagd ohne Krawatte ablehnen. Natürlich befehden sie sich alle gegenseitig. Und wenn man weiter die internen Kämpfe des einen Gebrauchshundeverbandes gegen den anderen mitverfolgt und die Akribie, mit der die einen Jäger und Organisationen selbst Pflichtschießprüfungen fordern, anlasslose Kontrollen von Legalwaffenbesitzern befürworten, Belohnungen für die Anzeige von Wolfsabschüssen ausloben oder sich gegenseitig die Jagdscheine entziehen wollen (z.B. wenn jemand so einen wertvollen Jagdteckel fahrlässig gefährdet so der Verein für Jagdteckel – den gibt’s wirklich), dann kommt einem das in einer Zeit mit einem Universum von teilweise militanten und oft einflussreichen Jagd- und Waffengegnern wie der bedauerliche kollektive Selbstmord einer Lebensart, eines fundamentalen menschlichen Bedürfnisses und eines feinen Sports vor – denn als all das kann man Jagd verstehen.
Nun bleiben eigentlich nur noch Händler und Hersteller für eine ernsthafte Schelte übrig. Mal sind es kollektive Handlungen – wie z.B. die Sprachlosigkeit der Messerindustrie anlässlich des Führverbots von Einhandmessern und von feststehenden Klingen über 12 cm – und das muntere Weiterproduzieren von tactical und noch mehr tactical Messern bei gleichzeitigem „Ist ja nicht so schlimm“-Statement, wie ein Böker-Chef sinngemäß äußerte.
Mal sind es Leute wie der Mann in der Frankonia-Filiale, der sagte, es sei ja nicht schlimm, wenn Jägern Kurzwaffen verboten würden, oder wenn die Langwaffenzahl kontingentiert würde. Der inzwischen leidgeprüfte Rudolf, der sich gerade ein Repetiergewehr zulegen wollte, nahm daraufhin davon Abstand und empfahl dem Mann, schon Mal Platz für Angelgerät zu machen. Teure Angeln haben eine ähnlich hohe Marge wie teure Gewehre.
Jedenfalls fällt aber das kollektive Schweigen der gesamten Industrie auf (mit ganz, ganz wenigen Ausnahmen wie z.B. Waffen Triebel), die Messer oder Schusswaffen herstellt oder vertreibt oder Jagdreisen anbietet. Das verwundert, denn mag es noch so viele Anschläge geben, so ist doch der Law Enforcement-Markt als Alternative nicht beliebig ausdehnbar und bietet kaum Platz für alle Marktteilnehmer. Und Jäger, deren Waffen in irgend so einer Sammeleinlagerung untergebracht werden, werden wohl kaum noch 8.000 Euro für eine Doppelbüchse zahlen oder deren Gegenwert in Trachtenmode anlegen.
Warum aber weitermachen angesichts von so viel Gleichgültigkeit, Unfähigkeit und Gegenwind? Nun ja, da haben wir etwas gelernt vom Genossen Bert Brecht und den Spontis, „Wer nicht kämpft, hat schon verloren“ und „Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt“. Wir glauben, dass sich legaler Waffenbesitz und Jagd nur aufrechterhalten lassen, wenn wir dafür nachhaltig aktiv eintreten.
Wir glauben, dass es viele schöne Erlebnisse gibt, die mit dem legalen Waffenbesitz verknüpft sind und die wir erhalten wollen: So ein glühend heißer Tag mit kurzem Hemd und einer Mauser bei einer Maisjagd, ein klirrend kalter Vormittag auf der 300 Meter-Schießbahn mit viel Zeit und einem guten Selbstlader, die Anspannung in der Dickung, wenn das Zusammentreffen mit dem angeschweißten Wild unmittelbar bevor steht und jede Nervenfaser angespannt ist.
Und wir glauben, dass es in diesem Lager eine Menge guter Leute gibt, die es wert sind, auch für sie einzutreten. Der anonyme Verfasser, der nach der beschriebenen Szene mit Gerlinde einfach „Weiter so“ postete. Mehr nicht, aber das kam an. Oder die Jagdkameraden von Rüdiger, denen selbst das hundertste Gespräch über das richtige Kaliber interessant erscheint. Heinrich, der noch mit kalter Waffe jagt und Bauer ist. Peter, der Müllfahrer ist, und gerne samstags 22 lfb schießt. Gerlindes Kinder, die bei der Frage, was sie einmal werden wollen, immer etwas anderes antworten, aber immer auch „Jäger“ sagen und natürlich Klaus, der Büchsenmacher ist und einen kleinen Laden hat.
Wie schon mehrfach in diesem Weblog sei die Frage „Was tun?“ wie folgt beantwortet: „Mach’ den Mund auf in Deinem Verein oder Verband“, „Schreib’ an die Medien und kläre im Bekanntenkreis auf“ und „Gehe beispielhaft mit Deiner Verantwortung als Legalwaffenbesitzer um“. Aber heute will ich ergänzen: „Wenn Du Trennendes vor Gemeinsames setzt, wenn Du ein Spaltpilz bist, dann stehle Dich aus unserem Kreis!“.