Im April 2017
verhinderte die Polizei in Leverkusen (NRW) eine Massenschlägerei von rund
200 Personen – überwiegend Migranten. Im Rahmen dieses Einsatzes konnten Busse
und S-Bahnen den Bahnhof Leverkusen-Mitte nicht anfahren. Zahlreiche
Polizeifahrzeuge, Polizisten mit Schutzausrüstung, ein zum
„Gefangenentransport“ umfunktionierter Bus und 100 am Straßenrand aufgereihte
Verdächtige, erinnerten einzelne Beobachter an Zustände in Krisengebieten. Handelt
es sich um einen Einzelfall oder wie ist es um Straßengewalt und Übergriffe in
Deutschland, speziell in NRW, bestellt?
Das böse
Erwachen: Silvester 2015
Groß war das
allgemeine Erschrecken, als Anfang 2016 langsam bekannt wurde, dass es in der Silvesternacht massenhaft sexuelle Übergriffe
auf Frauen, Diebstähle und Körperverletzungen gegeben hatte – und zwar meist
durch Gruppen junger Männer vornehmlich aus dem arabischen und
nordafrikanischen Raum. Zeitweilig haben mehrere Tausend dieser Männer den
Bereich um den Kölner Dom unsicher gemacht. In der Folge kam es bis Anfang Februar
zu 1.054 Strafanzeigen, darunter 454 wegen Sexualdelikten. Von den bis Ende
Februar 62 identifizierten Straftätern waren die meisten Flüchtlinge,
Asylbewerber und Personen mit Migrationshintergrund. Viele waren bereits
polizeilich in Erscheinung getreten.
Als oft
schlimm empfunden wurden, neben der massenhaften Anzahl der Delikte und
der Tatsache, dass so etwas in aller Öffentlichkeit mitten in Köln stattfinden
konnte, erstens der Umgang vieler Medien mit diesem Skandal und zweitens
das Ergebnis der Strafverfolgung und drittens der Umstand, dass eben kein
planmäßiges, verabredetes Vorgehen vorlag, wie später ermittelt wurde.
Die Kritik
an den Medien bemängelte, dass Berichterstattung nur sehr spät und zögerlich
stattfand und breit überregional erst am 4. Januar einsetzte. In sozialen
Netzwerken hingegen folgten erste Berichte bereits am Morgen nach Silvester.
Der Glaubwürdigkeitsverlust etablierter Medien nahm zwar damit nicht seinen
Anfang, wurde aber erheblich befeuert. Nach wie vor wird kritisiert, dass
Medien entweder oft genug mit dem Hinweis, es sei für das Verständnis des
Falles nicht wichtig nicht „Ross und Reiter“ nennen (sprich die Herkunft der
Täter) oder mit dem Hinweis, es handele sich um ein Ereignis von regionaler
Bedeutung, gar nicht berichten.
Was die
Ahndung der Silvestervorgänge angeht, so wurden trotz schließlich 1.205
Strafanzeigen nur sechs Täter verurteilt und zwar zu Freiheitsstrafen
zwischen sechs Monaten und einem Jahr und neun Monaten – die meisten zur
Bewährung. Lachende Täter führen naturgemäß zu Irritationen
in der Öffentlichkeit.
Das Problem
bei der fehlenden Verabredung ist, dass es sich vermutlich um ein Phänomen
handelt, das bei ähnlicher Gemengelage wieder auftreten kann.
Neuauflage
verhindert? Silvester 2016
Und tatsächlich erwarteten im Jahr darauf alleine
in Köln 1.700 Landespolizisten, 800 Bundespolizisten und mehrere hundert
private Sicherheitsleute den Jahreswechsel. Es gab Sperrungen (u.a. auf der
Hohenzollernbrücke), Verbote von Feuerwerkskörpern (u.a. um den Dom) und einen
erhöhten Einsatz von Beleuchtung und Kameraüberwachung. Wieder fielen über
1.000 junge Männer mit Migrationshintergrund auf, die mit der Bahn in
Gruppen anreisten und in vielen Fällen alkoholisiert waren und aggressiv
auftraten. Eine Untersuchung zeigte, dass die in der Innenstadt kontrollierten
Personen hauptsächlich aus Afghanistan, dem Irak und Syrien stammten.
Dieses
Silvester verlief mit 900 Platzverweisen, 92 Ingewahrsamnahmen und 117 Anzeigen
im Vergleich zum Vorjahr wohl wegen der massiven Polizeipräsenz sehr viel
friedlicher. Viele Feiernde freuten sich zwar über den polizeilichen Schutz,
erlebten diese Rahmenbedingungen von Feiern aber auch als bedrückend („schlimm,
dass so etwas in Deutschland heute nötig ist“).
Es bleibt
unsicher: beispiel Rheinboulevard Köln-Deutz
Der Glaube,
dass es sich bei Gewalt im öffentlichen Raum um „Einzelfälle“ handelt, hat sich
als falsch erwiesen. Der nächste Skandal ist das, was um den „Rheinboulevard“
in Köln-Deutz geschieht, der den Steuerzahler rund 25 Millionen Euro gekostet
hat. Der Kölner Express schreibt am 3. April 2017
zutreffend: „Der ‚Rheinboulevard‘, in unmittelbarer Nähe zum ‚Hyatt‘-Hotel
gelegen, sollte ein Anziehungspunkt für Kölner werden. Eine tolle Aussicht auf
das Stadtpanorama, mediterranes Flair. Stattdessen scheinen Stadt und Einsatzkräfte
die Kontrolle verloren zu haben: In den Abendstunden kommt es hier zu Pöbel-Attacken
und Schlägereien, Drogen werden konsumiert. Ein Boulevard der Alpträume!“.
Es nützt
nichts, zu beschönigen. Kölner und Besucher können selbst sehen, wer am
Rheinboulevard für Unruhe sorgt: „Kurz zuvor hatten Einsatzkräfte dem Express
ihren Frust über die Situation an der Prachtmeile geschildert. ‚Das Rheinufer
hat sich zur Anlaufstelle eines gewissen Publikums aus der ganzen Stadt
entwickelt. Ähnlich wie auf den Ringen kommt es zu einer ungesunden Mischung
aus krawallbereitem Feiervolk, Nafris und Migranten.‘“
Einige „Einzelfälle“
weniger Wochen
Man kann
Massenschlägereien im öffentlichen Raum nicht mehr als Einzelphänomen betrachten,
dazu gibt es zu viele ähnliche Vorfälle: Ende März prügeln sich Angehörige von
„Großfamilien“ in einem Düsseldorfer Einkaufszentrum, Anfang April
schlagen 25 bis 30 junge Afghanen, Syrer und andere junge Menschen mit
Migrationshintergrund in Leipzig aufeinander ein, „bewaffnete Gruppen“
stehen sich Ende April in Berlin mit Messern, Macheten und Brechstangen
gegenüber, in Dresden schlagen sich im gleichen Zeitraum 20
Syrer, Afghanen und andere Migranten, in Hennef gab es „Familienstreitigkeiten“ mit 15
Beteiligten, die Knüppel und Messer einsetzten, in München prügeln sich über 50 betrunkene
Afrikaner, im Rhein-Main-Gebiet gab es das Frühjahr über
mehrere Massenschlägereien, an denen u.a. große Gruppen ausländischer
Jugendlicher beteiligt waren und bei denen zuletzt ein unbeteiligter Passant
schwer verletzt wurde. Die Liste ließe sich sehr viel weiter fortsetzen.
Angeblich
gibt es keine „No Go Areas“ in Deutschland. Das mag bloße Semantik sein, denn
es gibt scheinbar allein in NRW mindestens 25 Orte, die aus polizeilicher
Sicht gefährlich sind – darunter 13 allein im
benachbarten Köln. Das zeigt jedenfalls eine parlamentarische Anfrage der CDU
an die Landesregierung in NRW.
Wie dem
Problem begegnen?
Nicht nur
die Bürger rüsten mit Pfefferspray und Gaspistolen
(wofür man den sogenannten Kleinen Waffenschein braucht) auf, auch die
Sicherheitsmitarbeiter von Deutscher Bahn und zuletzt beispielsweise dem Kölner Ordnungsamt, verstärken ihre
Einsatzmittel: „Die Stadtverwaltung will die Schutzausrüstung ihrer Mitarbeiter
im Ordnungsdienst erheblich verstärken. Nach Informationen des Kölner
Stadt-Anzeiger sollen die Ordnungskräfte mit Schlagstöcken und kräftigeren
Reizstoffsprühgeräten ausgerüstet werden“.
Aber diese
Maßnahmen sind ungeeignet, um systematisch solche Gewaltausbrüche zu
verhindern. Auch Wegsehen, Beschönigen, Verharmlosen hilft nicht.
Es bedeutet für
uns alle eine Einschränkung der Freiheit, wenn wir nicht mehr unbeschwert
in Silvester oder Karneval feiern, Einkaufen oder Spazieren gehen können. Das
Ausweichen auf Auto und die Stunden mit Geschäftsöffnung und bestem Licht, sind
keine Lösung.
Für die
Bürger gibt es drei Möglichkeiten, das Problem grundsätzlicher anzugehen:
- Von Medien, Politik und Behörden schonungslose Offenheit über (Mob-)Gewalt und Übergriffe verlangen. Diese Phänomene sind schon wegen ihrer Häufung und Auswirkung auf die Innere Sicherheit nicht nur lokale Phänomene und die Nennung der Täterherkunft ist u.a. schon deshalb sinnvoll, um Häufungen erkennen zu können und – auf der Flucht befindliche Täter identifizieren zu können.Die FAZ schreibt dementsprechend am 27.04.2017: "In weiten Teilen Deutschlands breitet sich das Gefühl aus, dass im alltäglichen Leben die körperliche Unversehrtheit nicht mehr garantiert und das Eigentum nicht mehr sicher ist. Das hat mit der tatsächlichen Zunahme der Kriminalität zu tun, die mit der Migration gewachsen ist. Aber das wachsende Gefühl der Bedrohung hat auch damit zu tun, wie darüber gesprochen, berichtet und damit umgegangen wird."
- Gegenüber der
Politik klar zu adressieren, was man im Rahmen der Inneren Sicherheit erwartet.
Es reicht nicht, wie die CDU es tut, jetzt in der Schlussphase des
NRW-Wahlkampfes pressewirksam einen altgedienten Innenpolitiker wie Wolfgang
Bosbach, der sich eigentlich aus der Bundespolitik zurückgezogen hatte, nach erfolgreicher Wahl zum Chef einer Regierungskommission zu machen,
die „die gesamte Sicherheitsarchitektur des Landes ‚einer Generalrevision‘
unterziehen“ soll.
In einem Zehn-Punkte-Plan der NRW-CDU zur Stärkung der Inneren Sicherheit ist viel von Terrorismus die Rede und es tauchen High-Tech-Methoden auf wie automatisierte Kennzeichenerkennung, Videoüberwachung, Störsender, spezielle Software für „predictive policing“ oder elektronische Durchsuchung – von den genannten Gewaltausbrüchen ist aber nicht einmal die Rede, geschweige denn, dass es irgendwelche Forderungen oder Maßnahmen in diesem Papier gegen die Straßengewalt geben würde. Richtig ist aber: Man muss in Deutschland wieder auf der Straße sicher sein. Punkt. - Eine Nulltoleranz-Position gegenüber Straftaten etablieren, die keine scheinbaren Rechtfertigungen akzeptiert, die jemand aufgrund vermeintlich anderer kultureller Prägung, Alkohol- oder Drogenkonsum, oder irgendwelcher negativer Vorerfahrungen entschuldet oder gar bestimmte Kriminalitätsbereiche tabuisiert. Vor dem Gesetz sind wir alle gleich. Die Westfälischen Nachrichten haben Recht mit ihrer Einschätzung anlässlich der gerade erfolgten Veröffentlichung der polizeilichen Kriminalitätsstatistik 2016: „Es ist noch nicht lange her, da war Ausländerkriminalität ein Tabu. Wer sie thematisierte, sah sich geradezu reflexhaft dem Vorwurf ausgeliefert, ‚rechts‘ oder ‚rassistisch‘ zu sein. Die am Montag veröffentlichte Statistik zeigt hingegen, dass es sich bei Ausländerkriminalität eben nicht um Hetze aus der rechten Ecke, sondern um eine mit Zahlen belegbare Entwicklung handelt: Immer mehr Tatverdächtige sind Ausländer.“
Es wäre
wünschenswert, wenn alle Politiker die Einschätzung des Bundesvorsitzenden der
Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, teilten. So sagte dieser anläßlich
der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik: "'Die Bürger haben immer
mehr Angst, Opfer einer Gewalttat zu werden ... Die jüngsten Entwicklungen
müssen uns alarmieren. Wir fordern, dass Gewalttäter mit der vollen Härte
des Gesetzes bestraft werden."
So lange es aber sein kann, dass, wie
zuletzt in Leverkusen, ein Sexualstraftäter, der
ausreisepflichtiger Asylbewerber ist, einfach verschwinden kann, weil kein
Platz in Abschiebehaft frei ist, läuft etwas gehörig falsch in diesem Land.