Aus dem Tagebuch eines illegalen Waffenbesitzers. Satire

Montag, X.X.2011

Montag, frühmorgens. Bin auf dem Weg zum Großmarkt. War ne lange Nacht gestern. Zu viel getrunken. Aber wenn der Kerl aus der „Jägerstube“ nicht zahlen kann, hol ich’s mir eben in Naturalien. Man hat der gespurt. Kann sich freuen, dass wir nur zu dritt da waren. Verdammter Asti.
Hoffentlich gibt’s nachher nicht wieder Stress mit den Lieferanten von Friedhelm. Der hat jetzt auf seinen Lastwagen ein paar üble Kerle mitfahren. Wie Fahrer sehen die jedenfalls nicht aus. Markus sagt, der eine, der große dunkle hat ‚ne Pumpe im Fahrerhaus rumliegen. So ne kurze mit Pistolengriff. Geiles Teil. Friedhelm knallt auch immer mehr Transportzuschlag auf die Ware drauf. Ich krieg kaum noch was raus beim Weiterverkauf. Schätze ich werde meine Jungs auch losschicken müssen, um die Preise anzuheben. Scheiße, gibt das wieder Stress. Aber erst mal um Friedhelms Jungs kümmern. Ich hab Horst, Rudolf und Paul zum Großmarkt bestellt. Jeder ne 9 mm Spritze dabei. Falls es Stress gibt.

   
Aus dem echten Leben: "Dachau: Wegen Betrugs verurteilter Mann erschießt Staatsanwalt nach dem Schuldspruch. An dem Amtsgericht gibt es kaum Sicherheitsvorkehrungen. Der Täter war bislang offenbar unbescholten, die Waffe illegal." Quelle
   
Man, das ist noch Mal gut gegangen. Ware verladen. Kein Stress mit Friedhelm und keine Verletzten. Der Junge hatte diesmal fast 10 Mann geschickt. Son Gorilla mit ner Baseball Keule stieg als erster aus. Gut, dass Friedhelm selbst dabei war und schiss vor meinem Onkel und seinen Jungs hat. Mit meinen drei Mann wär ich schnell alle gewesen. Jetzt aber Mal mit den Kneipen über unsere Preise sprechen. Und wenn die Stress machen immer in die Fresse. Ich brauch n Polster, wenn Friedhelm doch noch die Preise anzieht oder uns wieder ne Ladung flöten geht.

   
Aus dem echten Leben: "Ein weiteres Waffenlager hat die Polizei bei ihren Ermittlungen zum Augsburger Polizistenmord entdeckt. In dem Lager der beiden tatverdächtigen Brüder fanden sich einem Zeitungsbericht zufolge etwa 20 weitere Pistolen und Gewehre." Quelle
   
Montag, X.X.2011

Wieder nur Stress am Wochenende. Gerhard, der Typ von der „Hubertusstube“, wollte nicht mehr zahlen und die Ware abbestellen. Horst und Kurti rein und den Laden aufgemischt. Zieht Gerhard, der Depp, auf einmal son Revolver und ballert um sich. Kurti verplättet ihm eine. Pech. Trifft dabei die Frau, die dabei stand. Riesenzoff, bis wir nen Arzt da hatten, der das Maul hält. Jetzt macht der ganze Clan von Gerhard Stress, Türsteher-Szene und so. Schwein gehabt, dass die Alte nicht hops gegangen ist. Cops keine dabei. Die Nachbarn hatten wohl schiss. Die Wumme ham wer danach verschwinden lassen. Is ja kein Problem, ne neue zu kriegen. 300 Euronen und ich hab ne 9x19 Spritze. Zwei Hunderter und ich krieg ne Pumpe und für fünf Scheine gibt’s ne Kaschi, originalverpackt aus dem Russendepot.
   
Aus dem echten Leben: "Im Fall der tödlichen Schüsse von Sarstedt hat die Polizei den ersten Tatverdächtigen gefasst. Der 47-Jährige soll die Waffen besorgt haben, mit denen in der niedersächsischen Stadt am Neujahrstag ein Syrer erschossen wurde. Der 47-Jährige gilt nach Erkenntnissen der Ermittler als Wortführer der bundesweit verzweigten Großfamilie, aus der die Täter kommen sollen." Quelle
   
Mittwoch, X.X.2011

Scheiße. Kurti ist alle. Der Onkel von der Alten, der er eine verpasst hat, hat durchgedreht. Hab Kurti gestern Abend gefunden. Zwei große Löcher in der Hirse. Wir ham ihn dann in so nem Teppich raus aus der Wohnung und auf’m Schrottplatz verbrannt. Dafür wird der bezahlen. Hab Heinrich und Wilhelm gleich rausgeschickt. Observation und so. Erst kriegt der Killer eine. Dann Friedhelm. Auf’m Rückweg hatt ich erst Schiss. Noch die ganzen Knarren hinten drin und das Blut von Kurti und dann war da so ne Polizeikontrolle am Ortseingang. Horst will schon austicken, aber ich sag ihm, „cool bleiben“, wir fahr‘n genau vorgeschriebenes Tempo und bei TÜV-Plakette und Abgas ist auch alles cool. Richtig. Ziehen die vor uns son Kombi raus mit so nem beschissenem Spießer am Steuer. Son Typ mit hinten zwei Kindersitzen drin. Der Affe. War wohl n bisschen zu schnell.
   
Aus dem echten Leben: "An einen Mafia-Film erinnert die Attacke, die sich am frühen Sonntagmorgen auf der Hochstraße ereignete. Ein schwarzer Daimler Benz mit italienischem Kennzeichen stoppt am Gehweg. Ein bewaffneter Mann steigt aus und schießt auf drei Fußgänger. Ein 31-Jähriger wird im Oberkörper getroffen; seit gestern ist er außer Lebensgefahr. Ein Begleiter (36) erleidet einen Beinschuss. Ein 29-Jähriger kann unverletzt fliehen. Alle drei Passanten wohnen in Wattenscheid und stammen aus Serbien und Montenegro – ebenso wie die zwei Tatverdächtigen (46 und 17 Jahre)" Quelle
   
Donnerstag, X.X.2011

Das hat gesessen. Der Killer liegt. Heinrich hat seine Karre nachmittags an ner Ampel mit ner Kaschi durchlöchert. Junge, Junge, der hat zwei Magazine rausgehauen. Horst hat noch mit ner Pumpe durch die Windschutzscheibe geschossen. Buckshot. Junge, das hat gefetzt. Bis die Cops da warn, warn wir lange weg. Nachmittags kamen die Cops. Ich im Lager gestanden und Ware kontrolliert. Horst wieder Schiss gehabt, ich glaub, der ist auch bald fällig. Hatte zwar meine Wumme im Gürtel, aber schön das Hemd drüber. Ganz easy. Hab gesagt, mein Anwalt beantwortet alle Fragen und jetzt bitte Platte putzen Freunde, nichts für ungut. Die Cops raus. Schwein gehabt, dass ich keine Sportknarre hab, da hätten die ganz easy bei mir rein können, so was wie anlasslose Kontrolle und ich muss noch löhnen dafür. Und dann gibt’s da auch noch so Steuern auf Knarren. Nicht mit mir Freunde. Ich will ja auch nicht son Drecks Sport. Ich will Schutz. Was auch nicht so cool ist, ist, dass die dich gleich mit so nem Sonderkommando plattmachen können, wenn Du Sportler bist. Von wegen gefährlich, weil bewaffnet. Echt geil, dass die mich in Ruhe lassen.
   
Aus dem echten Leben: "In Kreuzberg wurde im Dezember ein türkischer Geschäftsmann auf offener Straße erschossen … Recep Aksu ist bei der Polizei bekannt. Er habe Einträge wegen Nötigung und Körperverletzung, hieß es im Polizeipräsidium. Für die Polizisten war er ein Kleinkrimineller." Quelle
   
Freitag, X.X.2011

Jetzt ham wer Stress. Horst auf dem Großmarkt mit nem Basie verdroschen worden. Und mir fahrn seit heute früh so Gorillas hinterher. Ich hab Onkel angerufen, dass er mir n paar neue Spritzen mitbringt. Im Clan haben die ja alle welche. Pistolen, vollautomatische Waffen, Bazookas, Splitterminen, man, bei Onkel in seinem Lebensmittellager sieht‘s aus wie in som Armydepot. Nachmittags kommt sein Fahrer. Den ganzen van voll Knarren. Sogar ein Panzerabwehrrohr dabei und jede Menge Russenhandgranaten. Die solln Mal kommen.
   
Aus dem echten Leben: "Am 28. Februar wird Familienvater Ali C. (28) in Hamburg-Hamm am Steuer eines Mercedes erschossen. Neben ihm im Auto: sein Freund Kenan K. (26), hinten sitzt Ernes I. Der will von den beiden Drogen kaufen, zwei Kilo Marihuana für 10.000 Euro." Quelle
   
Sonntag, X.X.2011

Junge das war knapp. Onkel und der ganze Clan haben bei den Verhandlungen mitgemacht, die Friedhelms Onkel angeboten hatte. Der hatte mit 20 Mann die ganze Altstadt abgesperrt. Junge ham die Discobesucher doof geguckt. Steht da sein Deputy, der Franz, mit ner Uzi mitten auf der Straße. Aber da ist nachts Krieg in dem Viertel, da gehen die nicht einfach so rein und auch nicht ohne Vorbereitung. Wir hatten Zeit ohne Ende und warn nach 15 Minuten wieder raus. War geil. Wir teilen uns jetzt die Stadt auf. Danach einen gesoffen mit den Jungs. Wir ham zwar en bisschen Verlust, dafür verscheuern wie die ganzen Knarren, ist ja kein Problem mehr heute. Wenn das zieht, steig ich da groß ein. Mann, war ich voll. Bin diesmal echt Schlangenlinien gefahren. Gut, dass keine Cops auf der Straße waren. Die hätten mir glatt den Lappen weggenommen – wenn ich einen hätte.

Anmerkungen
Achtung, dies ist eine Satire. Sie soll weder Kriminalität verniedlichen, noch die Todesopfer aus den echten Medienberichten oder die teilweise aufopferungsvolle Arbeit unserer Behörden verunglimpfen. Ganz im Gegenteil. Der Verfasser hat diesem Land begeistert gedient auch dabei auch gesundheitliche Opfer gebracht. Seine Sympathie gehört den unschuldigen Opfern von Gewalt und denjenigen Polizisten, Soldaten und Behördenmitarbeiter, die unser Land sicherer machen und dabei oft einen erheblichen Einsatz zeigen und Opfer bringen – und zwar für ein unangemessen kleines Gehalt.
   
Diese Satire dient dazu einen erheblichen Missstand in unserer öffentlichen oder veröffentlichten Meinung anzuprangern: Die verzerrte Wahrnehmung, die in der Existenz legaler Sammel-, Sport- und Jagdwaffen eine Gefahr für die Innere Sicherheit sieht und – oft aus populistischen Motiven oder vor dem Hintergrund verbohrter Ideologie und manchmal wider besseres Wissen – die eigentliche Gefahr in diesem Land, nämlich 20 bis 40 Millionen illegale Waffen in den Händen gewaltbereiter Krimineller, verheimlicht, negiert und vertuscht.
- Warum sonst verschwinden schwere Gewaltdelikte fast immer sofort dann aus den Schlagzeilen, wenn sie mit illegalen Schusswaffen begangen werden?
- Warum wird so gut wie immer jedes irgendwie potenziell diskriminierende Tätermerkmal weggelassen – mit Ausnahme des Labels „Sportschütze“?
- Warum finden medienwirksame Waffensammel- und -vernichtungsaktionen und anlasslose Kontrollen statt, während sozusagen „nebenan“ als kriminell bekannte Clans und Gruppierungen niemals ohne schwere Verdachtsmomente „besucht“ werden?
- Warum gilt das Grundrecht des besonderen Schutzes der Wohnung (anlasslose Kontrolle, nebst Gebühren, nebst drohender Entzug der Waffenerlaubnis bei Weigerung mit bestehender Rechtsunsicherheit bezüglich Verweigerungsgründen) nicht mehr für Waffensammler, Sportschützen oder Jäger, wohl aber für Hooligans, Mafiafamilien und politische oder religiöse Extremisten?
- Warum müssen Legalwaffenbesitzer für Kontrollen bezahlen – auch ohne Beanstandung – und Waffensteuer, nicht aber die Besitzer von Autos, Chemikalien, anderen Sportgeräten, Hunden, problematischen Haustieren (Giftschlangen, Krokodilen, Ratten, Giftspinnen etc.) und all den anderen Dingen, die irgendwie irgendwann einmal für irgendwen problematisch werden könnten?
- Warum müssen Legalwaffenbesitzer strenger reglementiert werden, als Fußballfans, die bei Ausschreitungen anwesend waren, Jugendliche aus problematischen Milieus, Gewaltkriminelle mit verbüßter Haftstrafe oder „Berufsdemonstranten“ die selbst nach demokratischen Meinungsbildungsprozessen wie bei Stuttgart 21 immer noch nicht den Anordnungen von Behörden folgen?
   
Fragen über Fragen. Die Antworten gibt’s in vielen Redaktionsstuben, Politikerbüros, den schicken Bistros, wo sich diese Leute treffen oder in den Büros von Aktionsbündnissen und ähnlichen, von denen man ebenfalls bis heute sehr wenig über reale Gefahren durch illegale Waffen hört. All diese Leute sollten Mal darüber nachdenken, was es für das politische Klima in diesem Land heißt, wenn fortgesetzt rund drei Millionen Menschen und ihre Familien stigmatisiert, unter Generalverdacht genommen und einfach nur heruntergemacht werden. Haben die Kinder eines Jägers, eines Sportschützen oder eines Waffensammlers oder der Ehepartner nicht das gleiche Recht wie jeder andere rechtstreue Bürger, dass man nicht wegen eines Hobbys mit Fingern auf sie zeigt und sie wahlweise für potenzielle Gewalttäter oder Irre hält, jedenfalls für eine potenzielle öffentliche Gefahr? Doch, das haben sie!
   
Verweise
- Illegale Schusswaffen: Verdrängte Gefahr für die Innere Sicherheit
- Satire: Aus dem Tagebuch eines Enthüllungsjournalisten
- Wissenschaftliche Fakten zum Legalwaffenbesitz