Satire: Aus dem Tagebuch eines Enthüllungsjournalisten


Montag
Erster Arbeitstag nach dem Urlaub. Abends noch schön einen gezogen. Zwei, drei Glas Roten zu viel. Morgens erst in die Redaktion. Verdammte Tretmühle. Gleich wieder ziemlich Hektik. Bin los zu einer Pressekonferenz mit Tom. Zahlen, Zahlen, Zahlen. Keinen Plan, was die da reden. Schnappe ein paar Brocken auf. „Umsatzrückgang“. Denke bei denen läuft es auch schlecht wie jetzt bei so vielen. Rezession und so. Ist auch ein dpa-Kollege da. Werd mir dann nachher die Agenturmeldung krallen und was Eigenes reinmischen. Passt schon.
Schreibe gerade das Ganze zusammen. Piet ruft durch. „Geh Mal ins Netz, da ist ‚ne Schießerei in so nem Kaff“. Ich hack mich auf n-tv und Spiegel online. Sieht hart aus. Tote und massig Polizei zu sehen. Geh in Wikipedia rein. Wo ist das Kaff. Okay, muss man nicht gehört haben. Riesig Berichterstattung im Netz. Ich mach mir Mal das Radio an. Das wird ne Story. Und ich muss hier die Wirtschaftsmeldung machen. Damned.
               
Dienstag
Morgens Sonderredaktionssitzung. Riesige Story. Sechs Mann arbeiten am Amok. Gestern Abend hat der Chef noch zwei hingeschickt. Ausgerechnet Tom. Mit dem wollte ich heute rüber zu dem Sportverein. Pressekonferenz. Jetzt macht der auf Sonderkorrespondent. Soll Interviews und O-Töne holen, damit wir nah genug dran sind. Höre aber nur Heulen und Zähneklappern. Läuft wohl nicht so rund. Der Alte tobt ziemlich. Ich bin nicht dabei. Er will alle Fakten. Irgend jemand sagt, legale Waffen würden nur zu einem Bruchteil zu Verbrechen verwendet. Es gebe keine Korrelation zwischen Waffenbesitz und Straftaten wie z.B. verschiede Staaten in den USA zeigten. Korrelation versteh ich nicht gleich. „Scheiße“, sagt der Alte. „Dieses Fascho-Zeug will ich nich hören“. Und überhaupt hat er schon gegen die US demonstriert. Und gegen Waffen. Denke Mal der Spinner fliegt, der das mit den Waffen gesagt hat. Und Tom der fliegt auch, wenn der nicht bald mit News rüberkommt.
Gegen 11 bin ich zurück und schreibe an der Sportstory. Der Alte lässt mich holen. „Mach was über Waffen“. Ich verstehe nicht. „Amok ist erst mal ausgelutscht. Die TV- und Bild-Jungs ham das Thema durch. Jetzt müssen wir an die Hintergründe ran. Der wo der Killer die Pistole geklaut hat, hat riesig Waffen gehabt. Ich möchte, dass Du aufklärst, wie gefährlich die sind und dass die weg müssen. Mach was draus und jetzt los. Wirst nicht fürs Quatschen bezahlt“.
Waffen, was für Waffen. Der Alte spinnt. Macht immer einen auf 68 und Verständnis. Und brüllt dann bei jedem Mist. Ich geh die Agenturmeldungen durch. Okay. Der Typ hatte die Knarre von nem Sportschützen geklaut. Na und. Maike ruft mich an, wann ich heute Abend komme. „Spät. Soll was über Waffen machen, wegen dem Amok. Scheißwaffen.“ „Ja, Scheißwaffen. Alle, die ich nicht leiden kann haben welche: Bullen, Bundeswehr und diese Schützenvereine. Und die Uniformen kann ich auch nicht ab. Mann, total beknackt.“ „Hast recht. Ich hab nur echt keine Ahnung, hab ja Zivildienst gemacht. Waffen find ich auch Scheiße und alles, was damit zu tun hat. Der ganze Zwang und all das. Sei nich sauer.“
Bin wieder in Wikipedia drin. Recherche. Mann da kommt was zusammen, Jäger haben Waffen, Sportschützen und Sammler und noch so Erben von einem, der Waffen hatte. Sammeln versteh ich nicht. Die ham doch kein Museum. Jäger hab ich schon gesehen und Schützen, keine Ahnung was die machen. Eigentlich passiert ja nicht viel, wenn man an 2,5 Millionen legale Waffenbesitzer denkt. Legal. Illegal. Scheißegal.
Also noch Mal langsam, der Typ von dem Amoklauf hat die Waffe von nem Schützen gehabt, geklaut einfach. Der hatte massig Munition zu Hause und Knarren, also der Schütze. Der war wohl Unternehmer oder so was. Klarer Fall. 9 Millimeter. Hört sich wie en Filmtitel an. Ich ruf Piet an.
Der weiß was. „9 Millimeter kenn ich. Das ist ne richtige dicke Wumme. Für die brauchst Du nen Waffenschein. Ich hab vor nem Jahr Mal mit geschossen. Da gibt’s son Club in Hamburg, da kannst Du auch ohne Waffenschein Mal so richtig rausrotzen. Geiles Zeug dabei. Ne Pumpgun ham die auch.“
Ich rufe Maike an. Die ist wieder sauer auf meinen Job. „Jäger ham Waffen, weißt Du, was die mit den Tieren machen. Killen, bloß so aus Fun. Total blutig. Dabei braucht man Jagd heute nicht mehr, die können jetzt so Hormone nehmen oder in Holland oder wo, da ham sie Gift genommen für Gänse. Total human. Ich hab auch mal nen Hochstand von so nem Jäger umgekippt. Aus Protest.“ „Der war aber kein Jäger, der Typ, der das gemacht hat“, sage ich, „und der, dem er die Knarre geklaut hat, auch nicht“. „Ist doch egal“, sagt Maike und legt auf.
Bin um 5 mit dem Artikel durch. „Wie lassen sich Amoktaten verhindern“. Der Alte schaut ganz zufrieden aus. „In deutschen Haushalten lagern Millionen tödliche Waffen. Millionen Schuss Munition. So lange Waffenfetischismus in Deutschland legal ist, so lange wird es Amokläufe geben.“ Er will noch nen Satz von der Claudia Roth oder so wem rein haben. Irgendwas wie „Es ist Zeit für eine totale Entwaffnung oder Abrüstung oder so“. Jetzt endlich heim.
               
Mittwoch
Die Amok-Story läuft weiter. Super-Leserbriefe auf meinen Artikel bekommen. Der Alte zufrieden. Hab noch einen nachgelegt „Es geht um unserer aller Sicherheit“. Hab da hart belegt, das Schießen ja kein Sport ist. Weil es nicht in Olympia ist. Schreibt nur ein son Scheißleser, dass es viele Sportarten geben würde, die da nicht sind. Auch richtiger Breitensport. Okay, Korinthenkacker. Nur ist jetzt eben nach dem Amok. Da zählen die richtigen Fakten. Ich fordere „Waffen raus aus den Privathaushalten“, „Schießsport nur noch mit Kleinkaliber“. Son Typ von den Angehörigen, jemand aus der Familie von nem Opfer sagt, mit ner 9 Millimeter kannst Du durch 4 Leute durchschießen. Wahnsinn. Ich ruf nen Bullen an, den Maike kennt. Sie ist ja Streetworkerin. Hat was festes, nich bloß son Freelance-Job wie ich. Ne sagt der Bulle, Du kannst nicht durch 4 Leute durchschießen. Er hat selber ne 9 Millimeter. Sozusagen dienstlich. Und ich hätte unrecht. Ne 9 Millimeter kannst Du Dir nicht so einfach holen. Im Gegenteil, das ist total erschwert. Keine Chance. Scheiße, Alter, denke ich, das ist jetzt egal. Das Bild ist einfach geil: Wumme so gefährlich, dass Du da durch die ganzen Leute durchschießen kannst. Und man sagt einfach, man macht damit Sport. Das muss verboten werden. Das fordern jetzt auch so Politiker. Der Alte sagt, ich soll die fragen.
                                
Donnerstag
Heute einen auf krank gemacht. Liege zu Hause rum. Ganz schön rumgezogen gestern. War aber nötig. Mit Maike gezofft. Dann mit Piet raus und einen draufgemacht. Total besoffen und noch einen durchgezogen. Piet hatte was dabei. Bin aber noch gut mit der Karre heimgekommen. Keine Cops in Sicht. Geh mittags ins Internet rein. Schon wieder Schießerei. Massig Tote. Eine ganze Familie. Man hat den Killer noch nicht. Junge, Junge, ich kleb den ganzen Nachmittag am PC. Das sieht wieder nach ner Riesen Anti-Waffen-Story aus. 4 Tote. Ich tippe Mal auf so ne 9 Millimeter. Dann kommt aber die Info. Ne, war ne Kleinkaliber. Fuck.
                
Freitag
Wieder Redaktionssitzung. Sprechen kurz über die Morde an der Familie. Dann soll ich zum Alten. „Mensch, die Amok-Story war ziemlich dünn bei uns. Jetzt ham wir ne zweite Chance. Mach was draus und nimm vor allem die Schützen wieder mit rein. Die sind schuld.“
              
Samstag
Bin immer noch an dem Killer von der Familie dran. Ich geh ins Netz, les die Agenturmeldungen. Langsam ist es amtlich. Man hat die Täter. Da ham wir aber jetzt ein Problem. Die waren im Schützenverein, wenigstens einer. So weit so gut. Aber Waffen hatten die keine, nur son olles Luftgewehr.
Endlich kommt die Meldung rein. Die ham wohl die Waffen aus dem Schützenverein geklaut. Alles Kleinkaliber. Scheiße. Der Alte tobt. Ich hätte doch letzte Woche genau das immer wieder in meinen Artikeln gefordert: Nur noch Kleinkaliber, keine Munition und keine Waffen zu Hause, sondern nur noch im Schützenverein. „Jetzt ham zwei so Nullen bewiesen, was Du für'n Schwachsinn geschrieben hast“, schreit der Alte. Wenn die da so leicht Mal einbrechen können, ist das doch eine Riesenscheißidee von Dir“. Ich will sagen, dass ich das von so Politikern hab. Weiß nicht mehr wer. Grüne, Linke, SPD, keine Ahnung. Da wo ich im Netz immer reinschaue stand das irgendwo. Hat jedenfalls einer von denen gesagt. Der Alte lässt mich aber nicht zu Wort kommen. „Und Dein Scheißkleinkaliber. Siehst ja wie sicher das ist. 4 Tote“. Der schreit so, dass man ihn draußen hört. Ich will ihm noch das mit den 9 Millimeter erzählen. Wir können ja schreiben, die wär' noch gefährlicher gewesen. Ich glaub die Mossad nehmen so Kleinkaliber, wenn die wen killen. Meint jedenfalls Piet. Das hat er aus som Buch. Da schmeißt der Alte mich einfach raus.
                                     
Sonntag
Ich bin wieder dran. Eigentlich ist heute frei. Maike hat gekotzt. Wieder Riesenzoff. Der Alte will ne Riesenstory über son Schützenverein oder Schießverein. Keine Ahnung. Ich fahr jedenfalls bei uns zu dem Verein, den wir da haben. Hatte angerufen. Läuft Scheiße. Steht da son Typ rum. Total entspannt. Sieht irgendwie aus wie ein Lehrer. Ja, sagt der, er hat auch ne 9 Millimeter. Warum ich das frage. Ich sag, wenn Dir die einer klaut, der schießt glatt durch die 4 Leute durch. Hast Du keine Angst davor? Ne sagt der. Die Polizei habe ihn auf seine Zuverlässigkeit überprüft, ob er vorbestraft sei, schon kleine Dinger reichen da. Alkohol am Steuer oder Steuerhinterziehung. „Und dann musst Du erst Mal ein Jahr hier mitmachen, da sehen wir dann auch, was das für einer ist, ob der ernsthaft Sportschießen will“, meint der Typ. Weil ohne hast Du kein Bedürfnis und bekommst auch keine Waffe. Und zu zuverlässig gehört auch, dass man die Sachen wegschließt. Das ist genau vorgeschrieben wie „Stahlschrank, verankert in der Wand, Munition getrennt und so weiter“. Deshalb hat er keine Angst sagt er. Und der ist wirklich Lehrer. Man muss auch noch so ne Sachkundeprüfung machen, sagt er. Mit all dem Jurazeug drin. Scheiße denke ich, wenn die das so streng kontrollieren, die bei der Polizei, dann krieg ich bestimmt keine 9 Millimeter. Mache keinen Artikel draus. Will der Alte nicht. Ich hab ihm meine Notizen gezeigt. Soll die Schützentypen nicht vermenschlichen sagt der. Spinner. Die warn eigentlich ganz ok. Keine Uniformen oder so.
             
Montag
Heute frei. Liegen so rum. Maike wieder da. Im Fernsehen Amokfahrt in irgend so nem Kaff in Holland. Mann, wie die Leute da umfallen. Ultrabrutal. Ich setz mich einfach Mal hin und schreib was. "Wahnsinn Amok". Bin bei Wikipedia drin. Such bei Google rum. Mit was die schon Amok gemacht haben. In Belgien hat vor kurzem einer einen Amoklauf in einem Kindergarten gemacht, mit nem Messer. In Finnland ein Typ hat mit nem Kleinkaliberding in ner Schule geschossen. Dann Deutschland, dann der jetzt mit dem Auto in Holland. Ich mach en Riesenartikel draus bis tief in die Nacht. Muss mir en paar Pillen reinschmeißen. Bin richtig heiß auf die Story.
               
Dienstag
Bin gleich morgens zum Alten. Meinen Artikel gezeigt. „Geht gar nicht. Sorry“. Er schmeißt die Zettel in seinen Papierkorb. Ich schau ihn an. „Du verharmlost Waffen. Ich will das hier nicht hören. Du hast genug Stuss gemacht mit dem Kleinkaliber und den Killern. Jetzt komm mir nicht mit Messer und Auto. Thema tot. Kaputt. Verstanden?“ Er gibt mir so ne Pressemitteilung vom Innenminister und eine von ner Firma. Dauert ne Weile, bis ich kapiere, was die wollen. Ich schreib was zusammen. „Biometrische Sicherheitssysteme müssen her. Die sind garantiert unknackbar und schön teuer. „Wenn Du so 200 Euro für ein Sicherungsding zahlst, reguliert das alleine den Waffenbesitz ganz schön“, sagt Maike. Ich erzähl das dem Alten. Da hab ich Recht, sagt er. Das soll aber nicht in den Artikel rein. Auch nicht, dass so Leute von ner Waffenzeitschrift neulich so ne Biometrie geknackt haben, nur mit Baumarkt-Werkzeug. „Jetzt konzentrier Dich Mal auf die Wohnungsfrage“, sagt der Alte. Verdammt, was meint der?
                
Mittwoch
Jetzt bin ich wieder mitten im Thema. Mit Wohnungsfrage meint der, dass man bei den Waffenbesitzern so einfach in die Wohnung rein darf. Normal brauchst Du nen richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl oder es muss unmittelbar Gefahr im Verzug sein. Also sagen wir Mal ein Verbrechen läuft da ab. Das ist so in dem Grundgesetz drin. Weiß ich gut, weil die Bullen doch damals zu mir rein wollten, als Hanna mir den Stoff untergejubelt hatte. Mann war die zum Schluss durchgeknallt. Hat dann ne Entziehung gemacht und ist jetzt auch bei ner Zeitung. Junge, die würde auch nie ne Waffe kriegen.
Richtig geil, dass die jetzt zu so Waffennarren rein dürfen. Ich mach nen schönen Artikel. „Innere Sicherheit geht vor“ schreib ich. Junge, Junge, hätte ich auch nie gedacht, dass ich das Mal schreib.
                     
Donnerstag
Schon wieder son Leserbrief. Verletzung von Grundrecht steht da. Unverletzlichkeit der Wohnung steht im Grundgesetz. Jäger und Sportler schlechter gestellt als Kriminelle und Gewalttäter. Na und, was will der Typ. Soll sich doch ne andere Zeitung kaufen. Nur so kriegen wir Sicherheit. Waffen müssen weg. Alle. Sagt auch der Alte. Und Maike. Haben wieder Zoff.
                
Freitag
Jetzt powern wir seit Tagen das Waffenthema durch. Für die Samstagsausgabe hab ich noch Mal nen schönen Kommentar gemacht. „Waffennarren gefährden uns alle“. Der Alte ist zufrieden. Piet hat en paar Fotos gefunden, von so ner Waffenmesse in Belgien. Da ist irgendwo so ne Art Bazooka drauf oder Flak. Kannste da einfach so kaufen. Ham wer schön unter meinen Artikel gesetzt „Waffennarren gefährden uns alle“ steht da. Das ist nämlich noch besser als en Symbolfoto von so nem Bullenschießstand oder vom Militär. Weil die Sportler könnten ja wirklich da in Belgien kaufen.
Die im Layout kriegen aber trotzdem nen Riesenanschiss. Direkt neben meiner ist so ne Meldung, wo drin steht, dass so Islamistenkiller ne Bombe aus Chemikalien gebaut haben, die sie einfach so im Laden gekauft haben. Ist dann aber nichts passiert. Der Technikchef schreit den Alten an. „Ist nicht sein Problem, wenn sich fast jeder tödliche Stoffe oder Geräte herstellen kann. Du sitzt doch jeden Abend in einem tödlichen Gerät. Deinem Auto. Und dann noch regelmäßig ne Flasche Asbach drin.“ Man war der Alte sauer.
Dann kommt ne neue Amokstory rein. Die im Internet und im Fernsehen hauen schon ganz schön was raus dazu. Ich bin an nem Artikel. Ich bin ja jetzt Waffenspezialist. Diesmal en Mädchen mit nem Messer und so Brandbeschleuniger in Flaschen. Die hatten ein paar hundert Bullen da und so Kommanmdotruppen, Wahnsinn wie im Krieg. Kommt mir eigentlich was übertrieben vor. Der Alte lässt mich kommen. „Lass das sein. Thema ganz klein auf Seite 7.“ Ich verstehe nicht. „Du machst Deine eigene Kampagne kaputt.“ Ich verstehe immer noch nicht. „Keine Schusswaffen heißt für Dich keine Story. Punkt“. Ich könnt ihm in die Fresse treten.
                     
Medienkritik
Dies ist eine Satire. Die handelnden Personen sind frei erfunden. Aber natürlich geht es der Verfasser um Medienschelte. Nicht um eine generelle Verurteilung der Medien. Nein. Wirklich nicht. Medien gehören zu einer freien Gesellschaft dazu. Medien können Wegbereiter von Demokratie sein. So eine Tradition haben die USA: Am 25. September 1690 wurde die erste Zeitung, das Blatt „Public Occurences“ in Boston herausgebracht. Am Tag darauf wurde es bereits von den britischen Kolonialbehörden verboten. Weitere Zeitungen und weitere Verbote folgten über hundert Jahre lang, bis zum Unabhängigkeitskrieg 1775-1783. Der lange Kampf um Pressefreiheit hat die US-Verfassung entsprechend stark beeinflusst. Darin heißt es deshalb: „Der Kongress soll kein Gesetz erlassen ... welches das Recht auf freie Rede oder auf freie Presse einschränkt“.
Und wer kennt keine Erfolgsgeschichte von investigativen Journalisten. So zum Beispiel die Geschichte, wie ein Zufallszeuge an einem Abend im Juni 1972 beobachtet, wie sich fünf ungebetene Besucher in einem Büro im „Watergate Hotel“ in Washington zu schaffen machten. Das war der Beginn der sogenannten Watergate-Affäre. Die Männer hatten im Auftrag von Mitarbeitern von Richard Nixon gearbeitet, um den politischen Gegner zu bespitzeln. Nixon wurde wenig später zum US-Präsidenten gewählt und Mitarbeiter von ihm versuchten, den Einbruch und andere illegale Wahlkampfaktivitäten zu vertuschen. Zwei Mitarbeiter der „Washington Post“, die Reporter-Legenden Carl Bernstein und Bob Woodward deckten dennoch nach monatelanger Recherche die Affäre auf. 1974 musste Präsident Nixon unter dem Druck eines Amtsenthebungsverfahrens zurücktreten. Woodward und Bernstein erhielten den Pulitzer-Preis, und ihre Recherche wird bis heute in wohl jeder Journalistenschule als beispielhaft behandelt.
Würde es in Afghanistan, in Nordkorea, in Saudia Arabien oder Kuba heute freie Medien geben und Journalisten, die ungehindert berichten könnten, würde das der Entwicklung dieser Gesellschaften sicherlich sehr gut tun. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ berichtet von der teils lebensgefährlichen Arbeit solcher Journalisten.
Leider gibt es in Deutschland nur wenige Woodwards und Bernsteins und viele unterbezahlte und unter Druck stehende Journalisten, die von einander abschreiben und in einem unter einem ebensolchen Druck stehenden Medienunternehmen arbeiten, das gezwungen ist, Nachrichten schnell und billig zu verarbeiten. Die können nicht anders. Und manche Journalisten gibt es, die gar nicht wissen, was wahrhaftige Berichterstattung eigentlich ist. Und die wollen nicht anders. Dabei würde es gerade zum Thema Waffen so viele spannende Themen geben:
- Wie viel Missbrauch und wie viele abhanden gekommene Waffen gibt es eigentlich bei Polizei, Justiz, Armee und anderen Behörden?
- Was verdient Deutschland eigentlich an Waffenexporten?
- Wer profitiert eigentlich von bestimmten angedachten gesetzlichen Regelungen zur Waffenaufbewahrung, z.B. im Hinblick auf biometrische Systeme?
- Wer bestimmt eigentlich mit welcher Fachkompetenz bei Gesetzesänderungen zum Waffenrecht mit?
- Was ist bei der These von der generellen Gefährlichkeit von Waffen Ideologie und was ist faktenbasiertes, abgesichertes Wissen?
- Was hat eigentlich das Waffenverbot in Großbritannien tatsächlich gebracht?
- Wie viele Straftaten mit privaten Legalwaffen gibt es wirklich, wie steht es mit illegalen Waffen und Dienstwaffen?
- Wer hat bei Anti-Waffen-Initiativen welche Partikularinteressen, z.B. dort einen Job kriegen oder damit gesetzliche Regelungen unterstützen, die ökonomisch relevant für einen sind?
.... Es würde viele weitere spenannde Fragen geben. ...
Aber es gibt zur Zuverlässigkeit deutscher Medien zum Glück immer wieder kritische Stimmen: So belegen Gero Kalt und Michael Hanfeld in der Reihe „Schlecht informiert“ anhand von hunderten Einzelbeispielen wie schlecht manche Medien recherchieren, wie unwahr sie teilweise wider besseres Wissen oder auf Grund der Grenzen redaktioneller Möglichkeiten berichten und „dass sie grundlegende Probleme unserer Gesellschaft ignorieren“. Bernd Müller-Ullrich, Verfasser von „Medienmärchen. Gesinnungstäter im Journalismus“ meint sogar: „Verglichen mit dem heutzutage praktizierten Journalismus darf Telepathie noch als ein zuverlässiges Verfahren der Faktenübermittlung gelten“ und nennt die Urheber Gesinnungstäter, die sich aus weltanschaulichen und politischen Gründen als Vorkämpfer des Guten in einer bösen Welt verstünden und bevorzugt Meldungen von Menschenrechtlern und Umweltschützern veröffentlichten, die von Polizei, Industrie oder Naturwissenschaftlern aber höhnisch kommentierten: „Sie wollen Betroffenheit zeigen und Betroffenheit erzeugen; sie wollen Überzeugungsarbeit leisten. Die Nachrichten müssen sich halt danach richten“. Eine Fülle ähnlicher Berichte gibt es in dem Buch „So lügen Journalisten“ von Udo Ulfkotte und täglich kommen weitere Entgleisungen von Bild und anderen im Bildblog, einem Watchblog für Medien allgemein, hinzu.
Diese Satire stellt also eine Medienkritik nur an den schlechten Medien dar und nur an den schlechten Journalisten – und eine Kritik, an Lesern und Zuhörern und Zuschauern, die schweigen und Verzerrungen und Fehler und Unwahrheiten dulden, anstatt das Zuschauertelefon anzurufen oder dem Redaktionsleiter einen Brief oder dem Herausgeber ein Mail zu schreiben. Diese Leute verdienen nämlich auch diese Medien.


Verweise
Jagdfeindlichkeit und Kommerz. Eine Satire.
Wissenschaftliche Fakten zum Legalwaffenbesitz
Jäger und Waffenrecht: Schweigen ist Zustimmung
Verantwortung von Medien bei Amokverbrechen