"Vorurteile abbauen beim Gästeschiessen". Ein Erlebnisbericht

Vorurteile gegenüber dem legalen Waffenbesitz und Waffen generell fußen häufig auf mangelndem Wissen und fehlender Erfahrung. Ich habe es in der Vergangenheit häufig erlebt, dass das persönliche Erlebnis mit einer Schusswaffe bei „Zivilisten“ wahre Wunder wirkt. Mancher Arbeitskollege, den ich mit auf den Schießstand genommen habe und der im Leben vorher noch keinen scharfen Schuss abgegeben hat, sieht die (Waffen-)Welt jetzt viel unverkrampfter.
Allerdings sind meine Möglichkeiten (und die anderer Schützen und Jäger) eingeschränkt. Erstens ist es nicht mein primäres Ziel so vielen Menschen wie möglich ein Schießerlebnis zu bereiten und zweitens sind meine materiellen und zeitlichen Ressourcen begrenzt: Ich "bekehre" auf dem Weg des persönlichen Erlebens höchstens fünf bis sechs Personen im Jahr.
   
Umso erfreulicher, wenn sich im Rahmen einer großen Veranstaltung die Gelegenheit ergibt, gleich über 1.000 "Ottonormalbürgern" praktisches Schießen zu ermöglichen. Im privaten Bereich hat wohl keiner die Möglichkeit dazu, daher möchte ich an dieser Stelle von einer in meinen Augen sehr lobenswerten Veranstaltung des Verbandes der Reservisten der Bundeswehr berichten. Positive Beispiele haben wir beim Thema Legalwaffenbesitz ohnehin leider viel zu selten zu verbuchen.
Der Landesverband eines norddeutschen Bundeslandes richtet in enger Zusammenarbeit mit dem entsprechenden Landeskommando jährlich ein Gästeschießen aus, an dem eine große Zahl Reservisten, aktive Soldaten unterschiedlicher Nationen und vor allem Zivilisten teilnehmen. Traditionell lassen sich auch lokale Honoratioren blicken und geben selber ein paar Schuss ab. In entspannter fast volksfestartiger Atmosphäre konnten an einem Samstag in diesem Sommer über 1.000 Gäste ihr Geschick mit der Pistole P8 sowie dem Gewehr G36 (beides Handwaffen der Bundeswehr von Heckler & Koch) probieren. Das Schießen war in ein Rahmenprogramm eingebettet, das von der Arbeitsgemeinschaft Modellbau (mit voll beweglichen, ferngesteuerten Panzermodellen), über die Kriegsgräberfürsorge bis hin zur Demonstration des Bergepanzers Büffel reichte.
                                
Ich war den ganzen Tag als Aufsicht beim Schützen an einem der Pistolenstände im Einsatz. Dabei gingen sicher fünfzig unterschiedlichste Menschen "durch meine Hände", von denen die wenigsten Schusswaffenerfahrung hatten. Vom Pensionär über die beherzte Hausfrau bis zum Heranwachsenden war die gesamte Bandbreite vertreten. Ich habe es als besondere Verantwortung und auch als Vorrecht empfunden, diesen Menschen nicht nur die Scheu vor der Waffe zu nehmen sondern ihnen auch Grundlagen des Schießens (und Treffens) zu vermitteln. An dem ganzen Tag habe ich nur in einen Fall erlebt, dass eine Schützin das vorgesehene Programm (3 Schuss Probe, 10 Schuss Wertung) nicht zu Ende gebracht hat. Vielen entwickelten einen regelrechten Feuereifer und hätten gerne noch weiter geschossen. Man konnte einigen regelrecht ansehen, wie in ihnen die lang trainierten Vorurteile gegen "böse Waffen" mit der Faszination und Freude am Schuss rangen.
               
Natürlich haben wir die Einstellung des Einzelnen zu waffenrechtlichen Fragen nicht schriftlich evaluiert aber ich bin davon überzeugt, dass wir bei vielen ein Umdenken herbeiführen konnten.
Einer der größten Vorwürfe gegen über der gesamten LWB-Gemeinschaft ist in meinen Augen ihre Abgeschottetheit. Der Reservistenverband, der ja auch zu den großen deutschen Schießsportverbänden zählt und Bedürfnisse ausstellen kann, bildet hier eine rühmliche Ausnahme.
               
Stefan Perey, Chefredakteur der Zeitschrift Caliber, beschreibt dieses Phänomen auch in der Juli/August-Ausgabe. Sogar bei überkritischen und politisch korrekt eingenordeten Journalisten erwacht plötzlich eine nie geahnte Faszination an dem technischen Meisterstück Schusswaffe. In diesem Sinne sind alle Legalwaffenbesitzer aufgerufen, jede Gelegenheit zu nutzen, anderen das Schiessen in der Praxis näher zu bringen. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass diese Strategie auch bei der eigenen Ehefrau anschlägt und Diskussionen über weitere Anschaffungen zumindest abmildern.