Drastische Waffenrechtsverschärfung kommt. Vorschlag der EU-Kommission steht.

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit und mit wenig Gegenwind von Sammler-, Jagd- und Schießsportvereinigungen hat die EU-Kommission am 8. Juni 2016 den Entwurf einer waffenrechtlichen Richtlinie veröffentlicht, die den Legalwaffenbesitz in den Mitgliedsstatten, so auch in Deutschland, erheblich einschränkt.


Auf einen Nachweis der Kriminalitätsrelevanz von Legalwaffen wird erwartungsgemäß verzichtet, so dass bei den vorgeschlagenen und teils restriktiven Änderungen durchaus populistische Motive hinterfragt werden dürfen.
Wie es zu erwarten war, bezieht sich der „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen“ explizit auf die Terroranschläge vom 22. März 2016 in Brüssel, ohne dass dieser Bezug zu allen vorgeschlagenen Änderungen hinreichend stichhaltig erläutert wird. Dementsprechend ist er auch nicht geeignet, den insbesondere islamisch motivierten Terrorismus auch nur ansatzweise einzudämmen. Stattdessen werden die Bürger der EU in nicht gekannter Weise wichtiger Rechte im Hinblick auf den legalen Waffenbesitz beraubt.

Dass der online-Handel mit Legalwaffen kontrolliert wird – geschenkt. Das ist in Deutschland schon lange so. Dass es Bestimmungen für die Deaktivierung von Schusswaffen gibt, die deren Rückbau in scharfe Waffen verhindern – geschenkt. Auch das ist in Deutschland bereits der Fall.

Auffällig ist das gebetsmühlenartige Wiederholen von „hohes Risiko“, mit dem die Kommission ohne jede Evidenz nahezu alles und jedes stigmatisiert. Dazu zählen nicht nur Selbstlader mit Magazinen, die eine höhere Kapazität als 10 Schuss aufweisen, sondern auch Schreckschusswaffen, die in scharfe Waffen umgebaut werden könnten (kommt ja ständig vor) oder der online-Handel mit Waffen (warum online gefährlicher ist als z.B. Privatverkauf im Wohnzimmer wird nicht erklärt).



Nicht mehr lange legal: Glock 19

Die Verantwortlichen lassen hier nicht nur erkennen, wes Geistes Kind sie sind (Waffen sind, anders als Autos, Alkohol, Zigaretten etc. scheinbar grundsätzlich und in jeder Form gefährlich), sondern auch, dass sie sich nicht bemüht haben, den illegalen Waffenhandel und die Wege von Terroristen und deren Ausrüstung in die EU nachhaltig zu verstehen. Wie kann man denken, dass Schreckschuss- oder Starterpistolen relevanter sind, als die völlig unkontrollierte Ein- und Durchreise von mehreren Millionen Menschen in die EU, die zudem unkontrollierte Gepäckstücke mitführen?
Verkürzt gesagt: Wir wissen ja noch nicht einmal, wer sich bei uns alles aufhält. Was bringt es uns also jemandem, der schon zig Mal überprüft wurde etwas abzunehmen, mit dem noch nie etwas passiert ist? Vielleicht würde man lieber bei den Terroristen selbst ansetzen, Ein- und Ausreise in die EU lückenlos kontrollieren, Gefährder, Hassprediger und Kriminelle streng überwachen und bei ausreichender Evidenz mit richterlichem Beschluss konsequent ausweisen als den alten Mann im Lodenmantel weiter zu reglementieren, der sich eine handelsübliche Fangschusspistole gekauft hat.

Einige der krassesten Bestimmungen des Entwurfs im Einzelnen:

Selbstlader und Ladevorrichtungen (die Kommission meint Magazine) sollen Sportschützen nur dann genehmigt werden, wenn die Schützen medizinisch und psychologisch beurteilt wurden, an offiziell anerkannten Schießwettbewerben teilnehmen, seit 12 Monaten regelmäßig am Training eines offiziell anerkannten Vereins teilnehmen und diese Waffen für die Disziplinen erforderlich sind.

Waffenrechtliche Erlaubnisse sollen grundsätzlich spätestens alle fünf Jahre überprüft werden.


Magazine werden künftig Schusswaffen rechtlich gleichgestellt („Für den Erwerb und den Besitz von Munition und Ladevorrichtungen gilt die gleiche Regelung wie für die Feuerwaffen, für die diese Munition und diese Ladevorrichtungen geeignet sind.“).

Ausnahmslos verboten sind:
·         „automatische Feuerwaffen, die zu halbautomatischen Feuerwaffen umgebaut wurden“

·         (halbautomatische) „Kurz-Feuerwaffen, mit denen ohne Nachladen mehr als 21 Schüsse abgegeben werden können, sofern eine Ladevorrichtung mit einer Kapazität von mehr als 20 Patronen in die Feuerwaffe eingebaut ist oder eingesetzt wird“ (also alle Pistolen, für die Magazine mit 20+-Schuss existieren; das sind nahezu alle Glock-, HK-, Beretta und sogar 1911-Pistolen, deren Technologie inzwischen über 100 Jahre alt ist)

·         (halbautomatische) „Lang-Feuerwaffen, mit denen ohne Nachladen mehr als elf Schüsse abgegeben werden können, sofern eine Ladevorrichtung mit einer Kapazität von mehr als zehn Patronen in die Feuerwaffe eingebaut ist oder eingesetzt wird“ (also jedes zivile Selbstladegewehr für das Magazine mit 20+ Schuss existieren wie alle AR-15s, AK-Klone, ja sogar eine Reihe von Jagdgewehren)

·         „halbautomatische Lang-Feuerwaffen (d. h. Feuerwaffen, die ursprünglich als Schulterwaffen vorgesehen sind), die ohne Funktionseinbuße mithilfe eines Klapp-oder Teleskopgriffs oder eines ohne Verwendung eines Werkzeugs abnehmbaren Griffs auf eine Länge unter 60 cm gekürzt werden können“ (hier wird die Existenz eines Klapp- oder Teleskopschaftes zum Verbotsmerkmal, so dass z.B. AR-15s quasi doppelt verboten sind, aber auch jedes halbautomatische Jagdgewehr mit diesen Merkmalen)

·        Magazine, also „Ladevorrichtungen, die an halbautomatische Zentralfeuerwaffen oder Repetier-Feuerwaffen montiert werden können und folgende Merkmale aufweisen: a) Ladevorrichtungen, die mehr als 20 Patronen aufnehmen können; b) Ladevorrichtungen für Lang-Feuerwaffen, die mehr als zehn Patronen aufnehmen können“ (jetzt werden auch Magazine verboten, die man in Repetiergewehre, gleich ob Büchsen oder Flinten, einsetzen kann; das betrifft z.B. die halbautomatischen Flinten für das sportliche Schießen, aber auch alle AR-15 u.ä. Magazine, die man in Scout-Rifles oder der Remington Patrol Rifle verwenden kann)

Schreckschuss- und Signalwaffen werden sämtlichst genehmigungspflichtig.




Serbischer AK-Klon. Ebenfalls bald verboten.

Aber nicht nur der Aufschrei der Verbände ist wieder einmal ausgeblieben. Was ist eigentlich mit den Herstellern, denen Mal eben so ohne jeden sachlichen Grund das Geschäft auf einem ganzen Kontinent einbricht.

Ist es Glock egal, wenn man keine Glock-Pistole mehr kaufen darf (von ein paar Exoten Mal abgesehen), weil für nahezu jedes Kaliber Magazine mit höheren Kapazität existieren? Was sagt Österreich dazu? Außer Glock wäre auch noch der traditionsreiche Steyr-Konzern betroffen (Selbstladepistolen und zivile AUG-Gewehre).

Was sagen amerikanische Vertreter dazu, dass Remington, Winchester und alle 1911-Hersteller faktisch plötzlich einem Exportverbot unterliegen?

Was sagen die großen deutschen Händler wie Frankonia oder Alljagd und die vielen neuen AR-15-Hersteller, denen bis auf den schmalen Behördenmarkt die Geschäftsgrundlage fehlen wird (die Amerikaner haben ihre eigenen Hersteller)?

Wird der politische Widerstand der europäischen Schützen, Jäger und Sammler wieder einmal so schwach ausfallen wie bei der online-Petition, wo man lediglich virtuell unterschreiben musste und wo das Opfer, das der einzelne zu bringen hatte gerade Mal fünf Minuten Zeit umfasste? Dann allerdings sind wir es selbst schuld. Mit Pfeil und Biogen schießen kann ja auch Spaß machen.

Warum sagt die Presse nichts, denen häufig kein Skandal klein genug sein kann, um ihn aufzubauschen, in die Länge zu ziehen und so lange rauf und runter „zu berichten“, bis der letzte Euro damit verdienst ist. Sie müssen doch wissen, wie Waffen in Terroristenhände gelangen. Man kann z.B. folgenden Spiegel Online-Artikel ohne große Mühe im Netz finden, wenn man denn recherchieren möchte:

„Acht Kalaschnikow-Gewehre mit Munition, zwei Pistolen, ein Revolver, zwei Handgranaten und 200 Gramm TNT - und das alles in einem VW Golf. Am 5. November hielten Fahnder den unauffälligen Wagen auf der A8 nahe Rosenheim an – offenbar war der Fahrer auf dem Weg nach Paris. Bis zu den Anschlägen in Frankreichs Hauptstadt interessierte diese Nachricht kaum jemanden. Der Waffenschmuggel aus Südost- und Osteuropa gehört seit zweieinhalb Jahrzehnten zur europäischen Realität: Erst sorgte der Kollaps des Ostblocks, dann die Balkankriege für reichlich Ware auf dem Schwarzmarkt. Wie viel davon heute noch über die Grenze geht, weiß niemand genau. Die Zahl der Waffenfunde brach mit dem Schengen-Abkommen ein - wegen der nun lückenhafteren Kontrollen, sagen Kritiker. … Anders gesagt: Rund 95 Prozent der 2014 konfiszierten Tatwaffen wurden nicht legal erworben oder gehalten. Sie stammten aus einem versteckten Arsenal: Schätzungen zufolge stehen hierzulande rund 5,6 Millionen legal gehaltenen Waffen 15 bis 20 Millionen illegale gegenüber.“

Vielleicht sind die EU-Bestimmungen auch Ausdruck der Unfähigkeit, mit terroristischen Phänomenen aus der Mitte der Gesellschaft umzugehen, wie z.B. den "jugendlichen Islamisten", die laut Spiegel 25/2016 zum "neuen Schrecken der Behörden" werden und deren Aktivitäten vom Bombenanschlag in Essen bis hin zum Messerattentat in Hannover reichen - ohne, dass man sie wegen ihres Alters auch nur überwachen dürfte. Intoleranz bis hin zur Gewalttätigkeit gegen Homosexuelle (siehe Orlando-Attentat mit 49 Toten) oder Massenphänomene von sexueller Gewalt gegen Frauen sind weitere Themenfelder der Inneren Sicherheit, für die es keine Antworten gibt.
Aber selbst, wenn die Rechtslage klar ist, schaffen es deutsche Behörden nicht, sie umzusetzen. So stellt der WDR fest: "Nach Angaben des Bundesinnenministeriums leben in Deutschland zurzeit 51.244 Personen (Stand 31.03.2016) ohne gültige Duldung. Sie müssten eigentlich abgeschoben werden." Zwar haben diese Versäumnisse nichts mit Waffenrecht zu tun, aber sie belegen, dass es sinnvoll wäre, nicht einen hochregulierten und absolut transparenten Aspekt der Inneren Sicherheit, der gar nicht kriminalitätsrelevant ist, weiter zu reglementieren, während man auf anderen Gebiten noch nicht einmal bereits geltendes Recht anwendet. Das ist gefährlich, weil die Phantomdiskussion um das Waffenrecht Ressourcen und Aufmerksamkeit von echten Problemen abzieht.


Terrorismus bekämpft man, indem man Terrorismus bekämpft.

Während also die Begriffe „Illegale Einwanderung“ oder gar „Grenzschutz“ aus unserem Vorstellungsvermögen verschwinden, Islamisten nach den Anschlägen von Paris und Brüssel immer noch in der Lage sind, sich mit Waffen und Sprengstoff innerhalb der EU und in die EU zu bewegen und russische Streitkräfte in Europa Expansionsbestrebungen von der Arktis bis zum Mittelmeer verfolgen, drangsalieren wir die paar Sportschützen, Jäger und Sammler. Gute Idee.

Hintergrund:
- Illegale Schusswaffen
- Warum legaler Waffenbesitz auf der Agenda steht