Gastbeitrag von Heinrich Sewing
„Nach dem Einkommensteuergesetz ist Naturschutz ein gemeinnütziger Zweck. Das Staatsziel Umweltschutz verpflichtet jeden Bürger zur Verwirklichung dieses Zieles und diese Mitwirkung an der Grundpflicht ist lt. Steuergesetz privilegiert.
In der Einkommensteuerdurchführungs-Verordnung 2000“ ist in Anlage 1 Abschnitt A unter Punkt 5 als besonders förderungswürdig im Sinne von § 10 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes anerkannt: Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes und der Naturschutzgesetze der Länder, des Umweltschutzes, des Küstenschutzes und des Hochwasserschutzes. Nach allgemeiner Rechtsauffassung kann und darf nicht besteuert werden, was lt. Steuergesetz als besonders förderungswürdiges Privileg anerkannt ist.
Auch die Finanzverwaltung hat inzwischen eindeutig Position bezogen, indem sie gemäß Anlage 18 zu § 10e Einkommensteuergesetz Zuwendungen an naturschützerische Organisationen (z.B. Jagdverbände) steuerlich privilegiert. Darum ist es widersprüchlich, die Jagdausübung als tätigen Naturschutz zu besteuern. In jedem Fall stellt es einen Widerspruch in sich selbst dar, wenn der Staat einerseits das Ziel, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen, verfassungsrechtlich kodifiziert, andererseits jedoch Initiativen Privater, z.B. durch Besteuerung, erschwert. Art. 20a Grundgesetz, seit 1994 in Kraft, der den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlage zum Staatsziel erhebt, hat der Normgeber bei Erlaß sowie Gestaltung von Jagdsteuersatzungen zu berücksichtigen. Diesem Verfassungsaspekt, welcher den Gestaltungsspielraum bei der Besteuerung einengt, müssen auch die Landkreise bei der kommunalen Steuerfindung Rechnung tragen. Insofern entfaltet Art 20a Grundgesetz zumindest eine Abwehrwirkung gegenüber benachteiligten Eingriffen des Staates an umweltfördernden Aktivitäten Privater. Die durch Artikel 20a Grundgesetz gesetzten Grenzen sind überschritten, wenn der Normgeber in der Verfolgung ausschließlich fiskalischer Zwecke naturschützerische Tätigkeit der Besteuerung unterwirft, andere Tätigkeiten ohne naturschützerischen Charakter oder sonstigen speziellen Anlaß zu fiskalischer Zurückhaltung von der Besteuerung ausnimmt.
Die Jagdausübung verursacht keinerlei wirtschaftliche, soziale oder sonstige Belastungen der Allgemeinheit, die durch die Landkreise auszugleichen wären, Auch verlangt sie den Landkreisen keinen besonderen Verwaltungsaufwand ab, der eine steuerliche Kompensation nahelegte. Der Umweltschutz ist im Konfliktfall in verhältnismäßigen Ausgleich mit andren Verfassungsgütern und anderen Verfassungsrechtsprinzipien zu erbringen. Dieser Ausgleich ist wie in allen Einzelsteuergesetzen vorzunehmen durch Steuervergünstigungs- oder Steuerbefreiungsnormen, die auf solche Steuerpflichtigen anzuwenden sind, die den Umweltschutz allgemein oder aktiv fördern, sei es durch finanzielle oder durch praktische Leistungserbringung zur Pflege der Umwelt. Einerseits wird dieses bei finanzieller Unterstützung praktiziert, andererseits aber bei praktischer Leistungserbringung Privater (wie der Jagd) paradoxerweise besteuert (nämlich durch die Jagdsteuer). Die naturschützerischen Umweltmaßnahmen der Jäger sind sehr aufwendig und werden von den Jägern aus ihrem persönlichen Einkommen finanziert. Darum darf eine solche Umweltpflege, der durch Artikel 20a Grundgesetz verfassungsrechtlich eine erhöhte Bedeutung zukommt, nicht durch gesetzgeberische oder jagdsteuerliche Maßnahmen behindert werden.“
Hinweis: Wir bedanken uns bei Heinrich Sewing für diese Darstellung der Steuerungerechtigkeit im Hinblick auf die Jagdsteuer. Uns erscheint auch der Tausch Jagdsteuer gegen Unfallwildbeseitigung wie er in NRW verhandelt worden ist schlicht angemessen. Wie ein Artikel der Deutschen Jagdzeitung vom Oktober 2009 („Nichts aufs Auge drücken lassen“) schlüssig darlegt, besteht auch entgegen anderslautender Behauptungen aus NRW keine Pflicht zur Aneignung von Unfallwild. Der renommierte Jurist, Universitätsgelehrte und ehemalige Richter Dr. Wolfgang Belgard erklärt in einem Interview in der Zeitschrift u.a. „Weder bei Körpern von Wild, das dem Jagdrecht unterliegt, noch hinsichtlich der Körper sonstiger freilebender Tiere ist eine Melde- oder Beseitigungspflicht des Jagdausübungsberechtigten vorgesehen“. Im Hinblick auf den Tausch in NRW erklärt er: „Für die Meldung und Beseitigung von Fallwild ist weder die Jagdgenossenschaft zuständig, noch der Jagdausübungsberechtigte. Denn er hat keine Aneignungspflicht, und sein nach dem Gesetz ausschließliches Aneignungsrecht wird gezielt unterlaufen. Insofern würden zwei Unzuständige eine Verpflichtung zugunsten der zuständigen Körperschaft übernehmen, ohne daß es einen Grund gäbe, sich damit zu belasten.“ (Hervorhebung durch JagdWaffenNetzwerk).