Messer-Angriffe steigen an. Tatmittel verbieten oder Problem verstehen?

Man kann als Zeitungsleser den Eindruck bekommen, dass Messer-Angriffe seit einigen Monaten stark angestiegen sind. Denn fast wöchentlich gibt es solche Zwischenfälle und zwar nicht nur an den Bahnhöfen oder in den Rotlichtbezirken von Großstädten, sondern inzwischen auch in kleinen Orten und "besseren" Wohnvierteln. Natürlich fragt sich mancher auch, ob es denn so etwas "früher" auch gegeben habe und wenn nein, warum nicht. Eine Tabuisierung dieser Frage hilft niemandem.
Folgende Fragen drängen sich deshalb auf:
1) Stimmt es, dass die Zahl der Messer-Angriffe zugenommen hat?
2) Gibt es in der Mehrzahl oder wenigstens in einer erheblichen Anzahl der Fälle Gemeinsamkeiten?
3) Welche Maßnahmen erscheinen geeignet, um die Anzahl der Messer-Angriffe zu verringern?


Es gibt Hinweise dafür, dass die Anzahl der Messer-Angriffe ansteigt
Zwar gibt es keine bundesweite Erhebung über die Verwendung von Messern bei Straftaten, aber eine Reihe von Hinweisen dafür, dass die Anzahl der Messer-Angriffe ansteigt. In vielen wichtigen Fälle, etwa für die Hauptstadt Berlin oder drei Bundesländer inklusive dem bevölkerungsstarken Nordrhein-Westfalen, kann scheinbar ein Anstieg festgestellt werden.

Die Bild schreibt in einem Artikel vom 16.3.2018: "Bis zu 300 Prozent mehr Angriffe. Messer-Angst in Deutschland. Polizei schlägt Alarm. Sieben Messer-Attacken pro Tag allein in Berlin". Weiter heißt es in Bezug auf einige Städte bzw. Bundesländer, in denen Zahlen zur Verfügung stehen:
  • "In Hessen steigt die Zahl der Messer-Attacken seit 2014 jährlich an, von 926 auf zuletzt 1194 Fälle.
  • In NRW kam es seit September 2017 bereits zu 572 Messer-Angriffen. ...
  • In Leipzig war die Zahl der gefährlichen Körperverletzungen, bei denen ein Messer eine Rolle spielte, laut Polizeilichem Auskunftssystem Sachsen im Jahr 2017 (138 Fälle) um 300 Prozent höher als im Jahr 2011 (33 Fälle).
  • In Berlin gab es 2017 pro Tag im Schnitt sieben Messer-Attacken. Im gesamten Jahr 2737. Das sind rund 100 mehr als im Jahr zuvor, 300 mehr als vor zehn Jah­ren."

Die Hannoversche Neue Presse berichtet am 26.3.2018: "Die Zahl der Gewaltverbrechen, bei denen die Tatwaffe ein Messer war, hat in Niedersachsen seit 2015 drastisch zugenommen."

Der Sender rbb24 meldet am 14.3.2018 für Berlin: "Die Zahl der Messerangriffe in Berlin hat zugenommen. ... Bei mehr als 2.700 Straftaten wurde im vergangenen Jahr ein Messer benutzt, 200 Mal öfter als im Vorjahr."

Radio FFH berichtet am 25.3.2018: "Auch in Hessen. Zahlreiche Messerangriffe am Wochenende."


Man findet mit der Suchmaschine Google jede Woche zahlreiche Beiträge über Messer-Angriffe - oft erlangen sie nicht mehr als nur die Beachtung von Lokalmedien. Ausgerechnet eine ausländische Zeitung, der österreichische Kurier, erinnert am 27.3.2018 deutsche Medien an ihre eigene Berichterstattung: "Die Stichwaffe gehört mittlerweile zur Grundausstattung der 15- bis 30-Jährigen: Diese Feststellung der deutschen Polizei stammt bereits aus dem Jahr 2016. ... Keine zwei Jahre sind seither ins Land gezogen und das Problem mit den Messerattacken hat sich noch weiter verschärft. Sucht man bei Google nach 'Messerattacken Deutschland', finden sich diverse aktuelle Schlagzeilen."

Auch wenn die Gewerkschaft der Polizei eine systematische Erfassung von Messer-Angriffen fordert, spricht das dafür, dass die zunehmende Wichtigkeit dieses Phänomens erfaßt wird. So schreibt die Lausitzer Rundschau aus Cottbus am 23.1.2018: "Angesichts offenbar zunehmender Messerangriffe in Deutschland hat die Gewerkschaft am Dienstag eine gesellschaftliche Grundsatzdebatte über wirksame Gegenmaßnahmen gefordert. 'Die Verunsicherung der Bürger ist regelrecht spürbar, weil kaum noch ein Tag vergeht, an dem nicht Polizeimeldungen über gefährliche oder sogar tödliche Messerattacken bekannt werden', betonte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow."


Gemeinsamkeiten der Fälle
Zunächst ein paar Beispiele der letzten 14 Tage:
  • Messerattacke in Aufnahmeeinrichtung. Ein Schwerverletzter.  28.3.2018
  • Auseinandersetzung endet mit Messerstichen. 27.3.2018: "Am Sonntagmorgen kam es kurz vor 06:00 Uhr im Stadtpark Dillingen zu einer Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen, bei welcher ein 19-jähriger Syrer mit einem Messer drei junge Männer zwischen 19 und 21 Jahren verletzte. Bei den drei Verletzten handelt es sich ebenfalls um einen Syrer und zwei Deutsch-Serben."
  • Mann schlägt zu und droht mit Messer. 26.3.2018: "Ein 36-jähriger Flüchtling soll in Klosterheide einen Afrikaner geschlagen und in Neuruppin versucht haben, einen Wachmann zu schlagen. Zwischen den Taten hatten Beamte den 36-Jährigen in Gewahrsam genommen." 
  • Frau von 17-Jährigem niedergestochen. 26.3.2018: "Tatort: das beschauliche Burgwedel. 20 000 Einwohner, Fachwerkhäuser, gutbürgerliches Kleinstadt-Idyll. Am frühen Samstagabend geht eine Frau (24) mit ihrem Lebensgefährten einkaufen in einem Edeka-Markt. Sie treffen gegen 19.30 Uhr auf zwei Brüder, laut Polizei beide syrische Flüchtlinge, 13 und 14 Jahre alt. Es gibt Streit ... auf dem Heimweg stehen ihnen nach 100 Metern plötzlich wieder die Jugendlichen gegenüber. Sie haben ihren großen Bruder (17) geholt – und ein Messer dabei."
  • Messer-Angriff auf Schüler (15) in Bochum. 24.3.2018: "Jugendlicher (16) aus Syrien wegen versuchter Tötung festgenommen."
  • Messerattacke in Landshuter Asylbewerberunterkunft. 19.3.2018
  • 21-Jähriger will Frauen helfen, dann wird er mit Messer brutal niedergestochen. 14.3.2018: "Als eine Gruppe von afghanischen Männern eine 22-jährige und eine 16-jährige Bielefelderin auf dem Kesselbrink beleidigte und einer der beiden sogar der Ringfinger verdreht wurde, um ihr Schmerzen zuzufügen, bewies ein 21-Jähriger aus Gütersloh Zivilcourage und griff ein ... Seine Hilfsbereitschaft sollte er allerdings bitter bereuen. Ein 18-Jähriger soll nämlich ohne Vorwarnung ein Messer gezückt und laut Staatsanwaltschaft 'mit Tötungsvorsatz' mindestens sechsmal auf den Helfer eingestochen haben." 
  • Messerattacke auf 16-jährige Diskobesucherin. 10.3.2018: "Rosenheim. Eine 16-Jährige wurde in der Nacht zum Samstag zum Opfer eines Angriffs durch einen 22-jährigen Afrikaner. Die Kriminalpolizei Rosenheim ermittelt gegen ihn wegen eines versuchten Tötungsdelikts. Der Täter aus Eritrea hatte die junge Frau in der Nacht auf Samstag, 10.03.18, in einer Diskothek unvermittelt mit einem Messer angegriffen und am Oberkörper verletzt." 
  • Nach Attacke vor Gießener Disco Polizei fahndet weiter nach Tätern. 10.3.2018: "Nach der Messerstecherei vor einer Disco in Gießen fahndet die Polizei weiter nach den beiden Tätern. Einer der beiden soll auffällig lockige Haare haben. Den anderen beschreiben Zeugen als etwa eins achtzig groß mit kurzen, dunklen Haaren. Es soll sich nach deren Aussagen um Nordafrikaner oder Araber handeln. ... Ein 19-Jähriger wurde dabei so schwer verletzt, dass er mit einer Not-Operation gerettet werden musste."

In den, in dieser nicht repräsentativen Aufzählung genannten Fälle aus nur rund zwei Wochen, sind die mutmaßlichen Täter scheinbar Migranten. Natürlich hat es im gleichen Zeitraum auch Messer-Attacken durch deutsche Täter gegeben. Und natürlich sind die Opfer vieler auch hier aufgeführter Messer-Attacken Migranten. Allerdings ist in einigen, hier nicht genannten Fällen auch keine Nationalität genannt worden.
Die Frage nach der Täterherkunft ist deshalb wichtig, um die Taten besser zu verstehen, also z.B. zu wissen, ob ethnische und/oder religiöse Konflikte eine Rolle spielen, ob bestimmte kulturelle oder soziale Perspektiven auf Gewalt bzw. Blankwaffen relevant sind oder, ob vorangegangene Erfahrungen wie Kriegs- und Fluchtsituationen eine Rolle spielen.


Diskussion in der Bevölkerung
Es gibt Gründe, warum eine solche Entwicklung, die in ihrer Gänze gar nicht überschaubar ist, weil vieles nur in der Lokalpresse stattfindet oder auf die Nennung der Nationalität verzichtet wird, in der Bevölkerung kritisch beäugt wird.
Denn nicht erst seit den Silvesterübergriffen in Köln 2015 lesen manche Bürger Formulierungen wie "Familienclans", "Großfamilien", "Gruppe von Männern", "Gruppe junger Männer" mit Mißtrauen. Dabei wäre es für alle Beteiligtem - insbesondere den gesellschaftlichen Diskurs - besser, die Dinge beim Namen zu nennen und Fakten, wenn es sie noch nicht gibt, systematisch zu ermitteln.
Dazu würde aber nicht nur eine Erfassung der Taten mit Messern gehören, sondern auch eine Feststellung von gemeinsamen Tätermerkmalen. Anders ausgedrückt: Die Frage, ob Migranten überproportional an Messer-Angriffen beteiligt sind oder nicht, würde mit einer guten Datenlage leicht zu beantworten sein. Damit böten sich auch Anhaltspunkte für gezielte Prävention.

Der österreichische Kurier schreibt in dem genannten Artikel jedenfalls: "Schwierig wird es, wenn es um einen direkten Bezug zwischen dem Anstieg der Messerattacken und Migranten geht. In den meisten Medien will man diese brisante Verbindung möglichst nicht ohne vorliegende Zahlen - die jedoch nicht überall und oft nur teilweise vorhanden sind - herbeischreiben. ... Aktuell kursierende Zahlen stammen meist aus Auswertungen von Polizei-Pressemeldungen. Die Frage, ob es Bevölkerungsgruppen gibt, die tendenziell stärker zum Einsatz von Messern neigen, werde laut Kritikern so noch überhaupt nicht gestellt. ... Betrachtet man allerdings die oben bereits genannten aktuellsten Meldungen in Sachen Messerkriminalität, ergibt sich ein doch recht deutliches Bild: Demnach hat ein 16-jähriger Syrer einen 15-Jährigen bei einer Massenschlägerei in der Nähe einer Schule niedergestochen. Ein weiterer Fall betrifft einen Deutsch-Tunesier, der sich an einem Bahnhof mit einem anderen Tunesier einen Messer-Streit lieferte. In einer Asylunterkunft gab es drei Verletzte, weil ein Mann ein Messer gezückt hatte. Bei einer Massenschlägerei zwischen irakischen und libanesischen Großfamilien kamen ebenfalls Messer zum Einsatz. Drei syrische Jugendliche - 13, 14 und 17 Jahre alt - wiederum attackierten nach einem Streit in einem Supermarkt ein deutsches Paar am Heimweg mit dem Messer. Eines der beiden Opfer, eine 24 Jahre alte Deutsche, wurde lebensgefährlich verletzt. Alles Messerattacken, die sich an einem einzelnen Wochenende im März 2018 zugetragen haben."


Geeignete Präventionsmaßnahmen
Wenige Dinge kann man ohne genaue Kenntnis der Täterstrukturen sagen. Aber eines ist gewiß: Ein Verbot des Tatmittels Messer, wird keinen Erfolg haben. Erstens sind Bedrohung, Raub, Körperverletzung etc. bereits verboten. Es ist offensichtlich, dass ein zusätzliches Verbot des Tatmittels Messer keine höhere Abschreckungs- oder erzieherische Wirkung zeigen würde. An ein solches Verbot würden sich voraussichtlich nur rechtstreue Bürger halten, also solche, die ohnehin nicht bedrohen, verletzen oder töten.
Zweitens sind Messer oder messerähnliche Gegenstände überall verfügbar und der Zugang dazu kann nicht beschränkt werden. Weinerliche Meinungsartikel wie der in der Welt am Sonntag übersehen vor allem diesen Punkt. In jedem Haushalt sind Messer vorhanden und man bekommt überall für wenig Geld Küchenmesser, Werkzeugmesser und alle möglichen anderen spitzen und/oder scharfen Gegenstände vom ebenfalls deliktrelevanten Schraubenzieher bis zur Klappsäge. Selbst in Gefängnissen werden Messer aus Hartplastik oder Metall durch Anspitzen oder scharf Schleifen illegal hergestellt.
Drittens zeigen Erfahrungen aus anderen Ländern, insbesondere Großbritannien, dass eine radikale Verbotspolitik gerade beim Tatmittel Messer nicht greift. In wenig anderen Ländern ist die Messer-Gesetzgebung so streng und gleichzeitig so wirkungslos. Von Januar bis März 2018 wurden allein in London 31 Menschen erstochen. Damit liegt die Mordrate über der von New York - trotz eines extrem harten Waffenrechts auch in Punkto Messer!

Man muß also zunächst beim Täter und seiner Motivation ansetzen. Der Kurier berichtet zu der Vermutung, es seien überproportional viele Migranten in Messer-Angriffe verwickelt: "Bei der ARD gingen die Faktenchecker dem AfD-Vorwurf nach und kamen in der Vorwoche zu dem Schluss, dass zwar von einer 'Messerepidemie' keine Rede sein könne, die kritisierte Verbindung zwischen Messerattacken und Migrationshintergrund konnte man aber auch nicht vom Tisch wischen. So sei bei den Tatorten 'ein Schwerpunkt zu erkennen' - Unterkünfte von Asylwerbern - wie ein Sprecher der Polizei in Sachsen erklärte. Demnach handelt es sich auch bei vielen Opfern von Attacken um Syrer, Afghanen oder Iraker, wie die Polizei in einer Auswertung für den ARD dokumentierte. Unter den deutschen Opfern finden sich demnach Betreuer oder Sicherheitsmitarbeiter in solchen Unterkünften. Auch im Bundesland Rheinland-Pfalz teilte die Polizei auf Anfrage mit, dass bei der Nationalität sowohl bei Tätern als auch Geschädigten eine relativ hohe Zahl von Afghanen und Syrern auffalle." Man muss sich hier die Frage stellen, warum ausgerechnet Schutzsuchende meinen, sich mit Messern bewaffnen zu müssen und untereinander so in Streit geraten, dass sie zu dieser Waffe greifen.

In Österreich wird man scheinbar jedenfalls in der Ursachensuche deutlicher und so heißt es weiter: "In Österreich führt das Bundeskriminalamt .. den jüngsten Anstieg derartiger Attacken zu 75 Prozent allein auf 'interkulturelle Konflikte' zurück. Dass der Anstieg an Gewalttaten mit Stichwaffen auch mit der Flüchtlingswelle in Zusammenhang steht, liegt dabei auch für Experten auf der Hand. Islam-Experte Amer Albayati erklärte gegenüber der 'Krone': 'Viele der Migranten bei uns sind in ihren Heimatländern in Konfliktsituationen aufgewachsen, da greift man schnell einmal zum Messer. Diese Kultur wurde teilweise importiert.' Der Blick auf Europa macht letztlich eines deutlich: Das Thema Messer und Migranten drängt angesichts der steigenden Straftaten mit Sichwaffen immer mehr ins Zentrum der öffentlichen Diskussion, die Bürger lassen sich mit Entwarnungen über 'Einzelfälle' nicht mehr abspeisen und fordern von der Politik Maßnahmen."

Aber in Österreich wird eben auch eine Statistik geführt, die "Roß und Reiter" nennt. So berichtet heute.at über die jüngste Kriminalitätsstatistik: "Auffällig ist der enorme Anstieg von Hieb- und Stichwaffenverwendung bei Gewaltdelikten. Die Zahl der Anzeigen hat von 272 im Jahr 2008 auf 1.060 Anzeigen im Jahr 2017 beinahe vervierfacht. Bei den Tatverdächtigen liegen die fremden (635) vor den inländischen (516)." Warum geht so etwas in unserem Land bisher wieder nicht?