Zentrale Waffenlagerung Unsinn


Regelmäßig werden Forderungen nach zentraler Lagerung von privaten Legalwaffen und/oder Munition erhoben, jedoch werden nur selten fundiert die Sinnhaftigkeit und die Praktikabilität einer solchen Zwangsmaßnahme erörtert.

So forderte z.B. ein Antrag der Fraktion die Linke an den Deutschen Bundestag vom 23.3.2009: „ein generelles Verbot für die Aufbewahrung von Schusswaffen in Privathaushalten; soweit es Ausnahmen geben muss, sind neben strikten Sicherungsregelungen unangekündigte Kontrollen zu regeln. Schusswaffen sind entsprechend festzulegender Sicherheitsstandards bei Sportvereinen und anderen geeigneten Stellen aufzubewahren, ständig zu be- und überwachen. Zu den Sicherheitsstandards gehört die Übernahme der bisher für den Besitz geltenden Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition. Die Aufbewahrungsorte bzw. -räume sind jeweils unabhängig voneinander zu sichern.“
Die Idee der zentralen Lagerung Waffen ist ein Relikt des Unrechtsstaates DDR und entspringt dem Generalverdacht gegenüber ihren Bürgern.
Die Vergabe von Jagdgewehren beschränkte sich in der DDR jährlich auf nur rund 100 Stück für politisch linientreue und verdiente Bürger – meist Funktionäre. Weitere Jagdwaffen waren Staatseigentum und mussten für die Dauer der Jagd bei der „Volkspolizei“ entliehen werden. Diese Praxis war selbst im ehemaligen Ostblock einzigartig.
Über Sportwaffen konnte nur innerhalb der Sport- und Jugendorganisationen, deren Aufgabe in Teilen auch eine vormilitärische Ausbildung war, und innerhalb der Ausbildung der repressiven „bewaffneten Organe“ also z.B. der Armee, der Grenztruppen und der Staatssicherheit verfügt werden.
Private Waffensammlungen waren in der DDR unbekannt.
Forderungen nach Zentrallagerung beinhalten die Aufbewahrung bei der Polizei und/oder in Liegenschaften von schießsportlichen und/oder jagdlichen Vereinigungen. Dieses ist nicht nur aufgrund praktischer und wirtschaftlicher Erwägung unmöglich, sondern auch rechtlich höchst fragwürdig und es liegt auch ein grundsätzlicher Denkfehler vor.
                
Praktische Hindernisse
Bei rund 400,000 Jägern und einer Million Sportschützen kommt man zu einer Zahl von 1,4 Millionen Legalwaffenbesitzern, die einen nahezu permanenten Zugang zu ihren Waffen benötigen.
Gejagt wird besonders (auch aufgrund unserer unter starkem Freizeitdruck stehenden Reviere) in den späten Abend- bzw. Nachtstunden und in den frühen Morgenstunden (Ansitzjagd) sowie am Wochenende (Gesellschaftsjagd). Waffen werden nicht nur für eine mehrstündige Jagd nahe dem Wohnort entliehen, sondern auch für teils mehrwöchige Jagdreisen ins Ausland und für auch mehrtägige Reisen zu Revieren, die in größerer Entfernung zum Wohnort liegen (Pachtort und Wohnort nicht identisch bzw. Einladung oder kommerzielle Jagd in fremdem Revier).
Jäger und vor allem Sportschützen trainieren ebenfalls zu Zeiten außerhalb üblicher Bürostunden (abends oder am Wochenende) und nehmen am Training oder an Wettkämpfen auch außerhalb ihres Wohnortes teil – auch im Ausland. Wegen der teils erheblich unterschiedlichen Beschränkungen einzelner Schießstände (z.B. Geschossart, Kaliber/Mündungsenergie, Entfernung, Anforderung an verschiedene Schrot-/Kugel-/Kurzwaffenstände) müssen sie sogar unterschiedliche Stände nutzen.
Für alle diese Entleih- und Rückgabevorgänge von 1,4 Millionen Jägern/Schützen zu den genannten Zeiten müssen Polizeibeamte (Lagerung bei der Polizei) und/oder gesondert überprüfte Privatpersonen bzw. Angehörige von Bewachungsunternehmen (Lagerung in Liegenschaften von Jagd-/Schützenorganisationen) zur Verfügung stehen. Allerdings gibt es auf Seiten der Jäger in der Regel gar keine Liegenschaften, in denen Waffen aufbewahrt werden könnten. Ein Hegering als lokale Untergliederung verfügt meist nicht über eine eigene Konstante und die wenigen Liegenschaften der Landesjagdverbände (LJV) sind insbesondere in den Flächenländern wie NRW, Bayern oder Baden-Württemberg durchaus mehrere Autostunden von den Mitgliedern entfernt. Zudem muss man als Jäger auch nicht Mitglied im LJV sein.
Für einen Waffensammler hat eine zentrale Lagerung überhaupt keinen Sinn, weil für ihn das Bedürfnis ja gerade das Zusammenstellen der kulturhistorisch wertvollen Sammlung und die Arbeit daran ist. Wenn der Sammler gar nicht auf die Sammlung zurückgreifen kann, ist sein Bedürfnis nicht mehr existent. Abgesehen davon, dass es keine Sammlerorganisationen gibt, die Sammlerwaffen lagern könnten. Der Erhalt dieses Kulturgutes wäre damit stark gefährdet. Die heute chronisch unterfinanzierten und oft in ihrer Existenz bedrohten Museen sind keine Alternative (siehe Wehrgeschichtliche Sammlung Koblenz).
                 
Wirtschaftliche Hindernisse
Wenn man trotz der pragmatischen Hindernisse wenigstens bei Sportschützen die Zentrallagerung durchsetzen wollte und nur von 5.000 Schützenhäusern ausgeht, sollte man zunächst den wirtschaftlichen Aufwand berechnen.
An Stelle der dezentralen, anonymen Lagerung kleinerer Waffen- und Munitionsmengen zu Hause beim Schützen in einem bewohnten Gebäude in einem in der Regel bewohnten Gebiet müsste ein erheblich höherer Schutzaufwand stehen (abgelegenes Gebäude aufgrund der Lärmemission, unbewohnt, nicht regelmäßig kontrolliert, baulich oft unterhalb des Niveaus eines Wohnhauses, sehr große Waffen- und Munitionsmengen). Neben dem notwendigen Umbau bedürften diese Gebäude – etwa vergleichbar den Waffenkammern und Munitionsdepots in Kasernen – einer Dauerüberwachung. Angesichts des notwendigen Schutzniveaus und aus arbeitsrechtlichen Gründen bedürfte es eines Zwei-Mann-Teams, dass pro Objekt auf sechs bis zehn Vollzeitmitarbeiter aufgestockt werden müsste, um Schichtbetrieb sowie Urlaube und andere Vakanzen abdecken zu können, die jeweils nicht unter 1.500 Euro netto verdienen würden (zuzüglich des Arbeitnehmeranteils zu den Sozialversicherungen etc.). Weitere, arbeitsrechtlich geforderte Umbauten für das Personal würden anfallen. Es ist klar, dass bei diesen insgesamt mehrere Milliarden umfassenden Kosten, von denen ein erheblicher Anteil dauerhaft wäre (Personalkosten anders als die einmaligen Umbaukosten), der Schießsport faktisch verunmöglicht würde.
             
Rechtliche Hindernisse
Rechtlich wäre die Frage zu untersuchen, inwieweit eine Zwangslagerung von rechtmäßig erworbenen Waffen gegen den Willen des Besitzers Enteignungscharakter hat und überhaupt durchsetzbar ist. Selbst wenn dem Waffenbesitzer bei der Zwangslagerung nicht das Eigentum an den Waffen entzogen wird, ist ihm doch zeitweilig und überwiegend der Besitz an seinen Waffen genommen. Da der Besitz aber wesentliche Ausprägung des Eigentums ist, ergibt sich eine Beschränkung, der dem Eigentum wesentlichen Funktion und des Wesensgehaltes. Hier dürfte eine Klagewelle vorprogrammiert sein. Auch würde sich die Frage einer Entschädigung stellen – ggf. sogar die Frage nach Schadensersatz bei Wildschäden, wenn etwa die Jagd aufgrund dieser Rahmenbedingungen erschwert bzw. zu bestimmten Zeiten verunmöglicht würde. Das mindeste zu erwartende wäre eine jahrelange, ebenfalls kostenintensive rechtliche Auseinandersetzung mit mehreren Einzelpersonen und jagdlichen, schießsportlichen, Sammler- und Legalwaffenrechtsorganisationen.
                                  
Grundsätzliche Unmöglichkeit der Zentrallagerung
Die tatsächliche Aufbewahrung von Waffen ist nur ein Teilaspekt der Idee „Zentrallagerung“. Wesentlicher wären ausgeklügelte und überwache Verfahren für die Entnahme der Waffen. Wie dargestellt, erstreckt sich die Ausübung der Jagd und des Sports nicht auf den Wohnort des Jägers oder Schützen und umfasst nicht nur wenige Stunden, sondern durchaus auch mehrere Tage oder Wochen (Turnier, besondere Trainingsmöglichkeit wie Schießkino oder Long Range-Stand, entferntes Jagdgebiet, Jagdreise) und zwar mit sehr häufig unregelmäßigen und ungünstigen Ausleih- und Rückgabezeitpunkten. Spätestens dadurch wird die Zentrallagerung ad absurdum geführt, denn wenn man sich jedes Mal für einen dieser Zwecke Waffen und Munition holen kann, dann kann man damit auch nahezu jederzeit jeden möglichen Missbrauch treiben.
                        
Wie diese Betrachtung zeigt, löst die Zentrallagerung kein einziges Problem, erzeugt hingegen einige große neue.

Verweise
Warum legaler Waffenbesitz auf der Agenda steht
Legalwaffenbesitz und Innere Sicherheit