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Böker hat Jim Wagner-Training eingestellt ... und fortgesetzt (Update August 2017)

Die zunehmende Anzahl von Anträgen auf kleine Waffenscheine, der Ansturm auf Bankschließfächer, der steigende Umsatz mit CS-Gas, das mittlerweile selbst in Drogeriemärkten verkauft wurde, – Belege für die zunehmende Unsicherheit der Deutschen gibt es viele. Es soll hier nicht darum gehen, ob dafür Silvesterausschreitungen, Terroranschläge oder etwas anderes ursächlich sind. Es geht um etwas anderes: Die Messerfirma Böker in Solingen hatte bis Ende 2015 rund zehn Jahre lang ein Seminarangebot im Programm, das für das steigende Bedürfnis nach Sicherheit maßgeschneidert wäre. Warum wurde es eingestellt? Ist Selbstverteidigung „politisch nicht korrekt“ genug?

Kein geringerer als der bekannte Selbstverteidigungs- und Kampfkunstexperte Jim Wagner, der u.a. Soldat, Polizist und Justizvollzugsbeamter war uns nicht nur mit der GSG9, sondern auch mit vielen anderen Polizeieinheiten und Spezialkräften weltweit trainiert hat, führte diese Kurse durch.
Wagner hat u.a. Bücher wie z.B. „Kampfmesser – Messerkampf“ mit Messerpapst Dietmar Pohl („Pohlforce“) veröffentlicht und lehrt nach wie vor in vielen Ländern. Er ist der Erfinder des Reality Based Personal Protection-Systems, das die Trainierenden, anders als reine Kampfkunst, anhand realistischer Situationen für den Ernstfall der Selbstverteidigung ausbildet. Wagner hat dazu u.a. Kunstblut, realistische Trainingsräume (z.B. echte Kneipen), täuschend ähnliche Waffenattrappen, CO2-Waffen und vieles mehr genutzt.

Einer der wichtigsten Kurse (vor dem Hintergrund des gestiegenen Unsicherheitsgefühls von Frauen) war vermutlich „Women Survival“, vereinfacht gesagt ein Spezialkurs in Sachen Selbstverteidigung, Risikomanagement und Selbstbehauptung, der von so unterschiedlichen Formaten wie Frauenmagazinen im Fernsehen, Tageszeitungen oder Waffenmagazinen äußerst positiv beurteilt wurde.

Ein weiterer elementar wichtiger Kurs war „Knife Survival“, bei dem die Verteidigung gegen einen Angriff mit dem Messer gelehrt wurde. Auch dieser Kurs wurde von verschiedenen Medien und Teilnehmern äußerst positiv besprochen. Jim Wagner wies bei seinen Kursen immer wieder darauf hin, wie gefährlich ein Angriff mit dem Messer sei und prognostizierte eine deutliche Zunahme solcher Delikte. Tatsächlich waren seine Worte geradezu prophetisch, wenn man sich die Entwicklung heute ansieht: Messerattentate und Überfälle mit der Klinge sind keine Verbrechen irgendwelcher Palästinenser in Israel oder chinesischer Amokläufer mehr. Alleine in Köln wurde nicht nur die Oberbürgermeisterin Opfer eines solchen abscheulichen Attentates, sondern auch der normale Bürger sieht sich damit inzwischen konfrontiert. So heißt es beispielsweise im Kölner Express nur für das Stadtgebiet: „Die Kölner Polizei schlägt daher Alarm: „Noch nie gab es so viele Tötungsdelikte, bei denen ein Messer als Tatwaffe benutzt wurde. 15 vollendete und 28 versuchte Tötungsdelikte registrierte die Polizei im Jahr 2015. Eine Steigerung von 34 Prozent.“
Auch von islamistischen Terroristen in Deutschland sind Messerattentate nicht nur geplant, sondern auch umgesetzt worden. Der Bedarf für den Bürger, sich mit Hilfe dieses realitätsnahen Trainings von Jim Wagner, zu dem u.a. auch die Versorgung von Verletzungen gehörte, vorzubereiten, ist also deutlich angestiegen.

Das Jim Wagner-Training scheint auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein, zumindest wurde es mit dieser im Kurs geäußerten Begründung irgendwann von Solingen, dem Firmensitz von Böker, nach Köln in eine Kampfkunstschule verlegt. Ende 2015 endete die Zusammenarbeit zwischen Böker und Wagner. Warum? Heute gibt es doch viel mehr Bedarf für eine solche Vorbereitung als vor 10 Jahren.
Auf Jim Wagners Internetpräsenz heißt es in 2016 dazu nur lakonisch: „In November Böker, the company that manufactures my Reality Based Blade series and has hosted my self-defense courses for 10 years, amicably separated. Oh, we are still working together when it comes to my knives and future products, but for self-defense courses we have split.”


Böker äußerte auf Nachfrage, es habe verschiedene Beweggründe, gegeben, warum sich die Wege nach 10 Jahren getrennt hätten – eine etwas dünne Antwort. Es muss ja einen gewichtigen Grund dafür geben, sich nach 10 Jahren zu trennen, während anderorts in Europa weiter trainiert wird. Das gilt vor allem angesichts des Umstandes, dass Wagners Messer weiter umfangreich im Programm Bökers zu finden sind, darunter naturgemäß auch solche, die in Deutschland nach der unsinnigen Verschärfung des Waffenrechts 2008 vom Führverbot betroffen sind.

Auf seiner Facebookseite wird Wagner deutlicher: “...and they said that my Knife Survival was ‘too aggressive’ in Germany, even though it taught people how to survive criminal and terrorist knife attacks. So much pressure had been put on Böker, the sponsor of my course headquarters in Solingen, that the course was permanently cancelled in 2016 after 10 years of thousands of people going through it, including German military personnel, police officers, bodyguards, security agents, and martial arts instructors from every system imaginable. Of course, isn't this Murphy's Law? My courses are cancelled, and 2016 has been nothing but one terrorist attack after another. It's not that my courses prevented this wave of terrorism, obviously, but my courses certainly prepared people for it, because terrorism is the ‘new normal’ of Germany, and many other countries in Europe. In my opinion it's not self-defense training that is ‘too aggressive’, it's actual knife attacks by terrorists on innocent people that is.”

Dieses Statement legt die Vermutung nahe, dass ein Seminar über Selbstverteidigung gegen bzw. mit dem Messer auf politischen Druck gestoßen ist, dem das Unternehmen sich nicht fortgesetzt aussetzen wollte. Das ist auch deswegen bedauerlich, weil der Böker-Vertreter, der bei den Jim Wagner-Kursen mitwirkte, offenbar nicht nur Wagner selbst überzeugt hat, sondern auch die Kursteilnehmer. Für Bürger mit der Absicht, zu lernen, sich zu schützen, ist durch die Trennung auch dieser Experte zumindest gegenwärtig nicht mehr verfügbar.

Langfristig ist eine solche Unternehmensentscheidung vermutlich keine gute Idee, denn man weiß aus der (sozusagen benachbarten) Branche Jagd- und Sportwaffen, dass gegen zeitgeistigen politischen Druck nur eine ruhige, faktenbasierte Argumentation, professionelle Lobbyarbeit und der feste Wille, sich nicht unterkriegen zu lassen, hilft. Vorauseilender Gehorsam hingegen führte dort über kurz oder lang zu immer neuen Restriktionen, die in der Regel den rechtstreuen Bürger einschränkten, aber die Sicherheitslage nicht verbesserten. Legalwaffen sind und bleiben nämlich nicht kriminalitätsrelevant. Kriminelle und Terroristen halten sich weder beim Einsatz von Schusswaffen an das Recht, noch beim Führen und Verwenden von Hieb- und Stichwaffen. Wie auch: Körperverletzung, Raub, Mord usw. sind ja auch mit schweren Strafen bedrohte Taten und werden von diesen Leuten trotzdem begangen.

Was also tun, wenn man trotz allem Wagners System erlernen möchte? Es gab zwar 2016 einen neuen Director Germany von Jim Wagner und es scheinen auch einige wenige Kurse stattgefunden zu haben. Die entsprechende Website ist heute aber nicht mehr erreichbar und es scheint auch kein Neustart in naher Zukunft anzustehen. So bleibt einem nur übrig, ins benachbarte Ausland zu reisen, wenn man sich auf die veränderte Bedrohungssituation auch mittels eines Reality Based-Trainings einstellen will oder einen von Wagners Schülern aufzusuchen und festustellen, ob dieser ähnliche Kursformate anbietet. Schade.

Update August 2017
Inzwischen gibt es ohne weitere Erklärung in Köln wieder Jim-Wagner-Training. Wagner selbst erklärt auf seiner Website: "A few weeks before my scheduled trip to Germany Carsten Felix, the president of Böker, which is the knife manufacturer who produces my Jim Wagner Reality Based Blade series, emailed me asking me if I’d be willing to teach all my courses for them again. Having taught for Böker for 10 successful years I accepted the offer. It was time for a “restart,” because Germany really needed it. The social/political climate had changed in Germany, and my courses were once again in high demand.
Eine gute Entscheidung von beiden Seiten!