Die Europäische Union hat den Waschbär in die Liste der invasiven, gebietsfremden Arten aufgenommen, deren primäres Ziel die Eindämmung der Arten ist. Der Deutsche Jagdverband (DJV) befürwortet diese Entscheidung. "Da der Waschbär dem Jagdrecht unterliegt sind Jäger kompetente Ansprechpartner, wenn es um die Reduzierung von Wildtierbeständen in der Fläche geht", sagt Dr. Jürgen Ellenberger, DJV-Präsidiumsmitglied und zuständig für Neozoen. "Aber öffentliche Aufträge bedürfen öffentlicher Mittel." Der DJV fordert eine finanzielle Unterstützung der Jäger. Dies könnte etwa das Bezuschussen von Fallen, elektronischen Fallenmeldern und Fahrtgeld sein, denn Fangjagd ist zwar eine äußerst effektive Jagdart, aber sehr kosten- und zeitaufwändig.
Die Bemühungen der EU werden jedoch im Moment
von einigen Bundesländern mit neuen Jagdgesetzgebungen konterkariert: In Hessen
etwa ist die Jagdzeit des Waschbären auf den Zeitraum vom 1. August bis zum 28.
Februar reduziert worden. "Dies ist völlig unpraktikabel, da die Tiere in
der Hälfte der Zeit sehr inaktiv und damit kaum zu bejagen sind", ist
Ellenberger überzeugt. Die Bejagung von Jungwaschbären fällt so ebenfalls weg.
Um eine Art einzudämmen, ist gerade das Entnehmen des Nachwuchses nötig. In
anderen Bundesländern ist die Fangjagd prinzipiell verboten, wie etwa in
Berlin. Jäger sprechen sich jedoch gegen einen Vernichtungsfeldzug aus: Der
Elterntierschutz gilt auch für invasive Arten – Waschbärmütter, die Junge
versorgen müssen, dürfen auch künftig nicht bejagt werden.
Ausrottung des Waschbären unmöglich
"Eines muss klar sein: Es ist nicht
möglich, den Waschbären aus Deutschland wieder zu entfernen. Er hat sich
etabliert und wird Deutschland auch weiter erobern", sagt Ellenberger. Wir können jedoch beeinflussen, wie schnell er sich ausbreitet und
wie stark sein räuberischer Einfluss auf die heimische Tierwelt ist. Die bisher
vorliegenden Daten sind alarmierend: Seit 2005 beobachten Forscher in
Brandenburg einen vehementen Bestandsrückgang der Europäischen
Sumpfschildkröte. Wo der Waschbär vorkommt, weist nahezu jedes zweite Reptil
schwere Verletzungen auf, wie abgebissene Gliedmaßen und Schwänze. In Thüringen macht der Waschbär dem
Uhu die Brutplätze streitig. Er besetzt zwischenzeitlich jeden zweiten
potenziellen Brutplatz. Außerdem liefern die Jäger über ihr WILD-Monitoring
(Wildtier-Informationssystem der Länder Deutschlands) seit 2006 wertvolle Daten zur Ausbreitung des Waschbären. Demnach
hat der Waschbär sein Verbreitungsgebiet deutschlandweit in sieben Jahren
nahezu verdoppelt und kommt jetzt fast in jedem zweiten Jagdrevier vor (46
Prozent).
"Wenn wir die heimische Artenvielfalt erhalten
wollen, gibt es nur zwei Stellschrauben: Lebensräume erhalten und verbessern
sowie Fressfeinde reduzieren", sagt Ellenberger. Angesichts der
rasanten Ausbreitung räuberisch lebender, gebietsfremder Arten und dem
fortschreitenden Lebensraumverlust etwa für Arten der Offenlandschaft und
Feldflur fordert der DJV eine flächendeckende Bejagung. Dies schließt auch
urbane Räume mit ein.
Käseglockennaturschutz veraltet
Völlig gegenläufig sind die derzeitigen
politisch motivierten Bemühungen, in Kernarealen von Schutzgebieten die Jagd
auf Waschbären auszusetzen. "Es ist absurd, dass wir auf der einen Seite
über Beseitigungsfeldzüge gegen invasive Arten diskutieren und auf der anderen
Seite großflächig eine Bejagung von Prädatoren in keiner Weise
stattfindet", so Ellenberger. Besonders Flächeneigner wie die Deutsche
Bundesstiftung Umwelt (DBU) sollten sich dringend überlegen, ob sie ihrem
Verständnis von aktivem Artenschutz überhaupt noch gerecht werden können.
Gleiches gilt für Flächeneigner wie NABU und BUND. "Das gesamte
Schutzgebietssystem und das derzeitige Konzept des Artenschutzes in Deutschland
gehören auf den Prüfstand".
Schluss mit dem Etikettenschwindel beim NABU
Der DJV fordert Naturschutzverbände vor dem
Hintergrund der EU-Entscheidung auf, sich zur Fangjagd zu bekennen und auch auf
Bundesebene intensiver mit Jägern zu kooperieren: Auf Bundesebene positioniert
sich der NABU "gegen den Fallenfang im Rahmen der Jagdausübung",
findet dieses Mittel aber legitim im Rahmen des "Wildtiermanagements"
und setzt es bundesweit in Projekten ein. "Dem Fuchs ist es egal, ob auf
der Falle ‚Jagd‘ oder ‚Wildtiermanagement‘ steht. Das ist moderner
Etikettenschwindel", fasst Ellenberger zusammen.
Im Amtsblatt der Europäischen Union wurde am
14. Juli eine Liste mit 37 invasiven, gebietsfremden Tier- und Pflanzenarten
veröffentlicht; rechtskräftig wird diese am 3. August 2016. Diese Liste ist in Verbindung
mit einer seit Januar in Kraft getretenen Verordnung der EU zu sehen, die
Mitgliedsstaaten zu verstärkten Bemühungen gegen die Ausbreitung invasiver,
gebietsfremder Arten verpflichtet.
Pressemiteilung der DJV vom 21.07.2016
Kommentar der Redaktion:
Ob der Waschbär und andere Neozoen nicht bei massiver Bekämpfung mit Falle und Waffe und möglicherweise zusätzlicher anderer Maßnahmen sowie bei Veränderung der Möglichkeiten (z.B. Nachtsicht, Jagdzeiten, Köder) nicht doch weitgehend eliminiert werden können, ist nicht bewiesen.
Mit klassischer Jagd hat das selbstverständlich nichts mehr zu tun und kann der Jägerschaft nur auf freiwilliger Basis nahegebracht werden.
Grundsätzlich gilt, dass ohne zusätzliche, auch finanzielle Anreize invasive Pflanzen und Tiere (inklusive Fische und Amphibien) nicht bekämpfbar sind. Die Jägerschaft sollte sich in jedem Fall nicht in die Rolle eines "Schädlingsbekämpfers" im Auftrag der Politik drängen lassen. Ähnliches gilt für "Aufgaben" beim Monitoring von Luchsen und Wölfen, bei Wildunfällen, bei der Reduktion von Schwarzwild etc. Wenn Politik und Behörden meinen, vom Jagd- bis zum Waffenrecht alles weiter einschränken und unfreier gestalten zu müssen, dann sollen sie entweder diese Probleme alleine lösen oder - auf freiwilliger Basis allerdings - für eine Lösung durch die Jägerschaft bezahlen.
Ob der Waschbär und andere Neozoen nicht bei massiver Bekämpfung mit Falle und Waffe und möglicherweise zusätzlicher anderer Maßnahmen sowie bei Veränderung der Möglichkeiten (z.B. Nachtsicht, Jagdzeiten, Köder) nicht doch weitgehend eliminiert werden können, ist nicht bewiesen.
Mit klassischer Jagd hat das selbstverständlich nichts mehr zu tun und kann der Jägerschaft nur auf freiwilliger Basis nahegebracht werden.
Grundsätzlich gilt, dass ohne zusätzliche, auch finanzielle Anreize invasive Pflanzen und Tiere (inklusive Fische und Amphibien) nicht bekämpfbar sind. Die Jägerschaft sollte sich in jedem Fall nicht in die Rolle eines "Schädlingsbekämpfers" im Auftrag der Politik drängen lassen. Ähnliches gilt für "Aufgaben" beim Monitoring von Luchsen und Wölfen, bei Wildunfällen, bei der Reduktion von Schwarzwild etc. Wenn Politik und Behörden meinen, vom Jagd- bis zum Waffenrecht alles weiter einschränken und unfreier gestalten zu müssen, dann sollen sie entweder diese Probleme alleine lösen oder - auf freiwilliger Basis allerdings - für eine Lösung durch die Jägerschaft bezahlen.