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Scout Rifles - Jeff Coopers Universalgewehr

Die Suche nach dem Universalgewehr für alle möglichen Verwendungsarten ist fast so aussichtlos, wie die Suche nach dem Universalkaliber. In dem Moment wo sich ein so erfahrener Schusswaffenexperte wie der 2006 verstorbene Jeff Cooper damit beschäftigt, wird es dennoch spannend. Heute bieten drei große Hersteller Scout Rifles an.


Der ehemalige Offizier des US Marine Corps Jeff Cooper, 1920 in Los Angeles geboren und 2006 verstorben, war unbestritten einer der weltweit anerkanntesten Schusswaffenexperten. Cooper blickte bei seinen Überlegungen nicht nur auf seinen Einsatz im Zweiten Weltkrieg und in Korea und seine Erfahrungen als Gründer und Schießausbilder des American Pistol Institute in Arizona zurück, sondern auch auf umfangreiche jagdliche Erfahrungen – vor allem auf dem amerikanischen Kontinent und in Afrika.
     
Jeff Cooper 1920-2006
    
Er dachte über ein Universalgewehr, ein Scout Rifle, seit 1968 nach und sah gewisse Orientierungshilfen in Waffen wie der Winchester Model 94 im Kaliber 30-30 oder im Mannlicher-Schönauer-Karabiner im Kaliber 6,5 („they were both short, light, handy, and ‚friendly‘“). Cooper testete verschiedene Waffen, die seiner Universalvorstellung nahe kamen über mehrere Jahre hinweg:
„During these formative years, I was quite happy with a series of evolutionary scouts and pseudo-scouts. I took them world-wide hunting, from Norway to Africa and from Colombia to Alaska.”

Den Begriff Scout definierte Cooper aus der amerikanischen Perspektive wie folgt:
„The Scout, therefore, was a man by himself or possibly with one companion. He was not supposed to get into fights, but if he could not avoid contact, he was expected to shoot quickly, accurately and hard. … What he needed was a Scout Rifle”.
  
Steyr Scout Rifle

Das Gewehr
Für Cooper war das Gewehr die Königin der Waffen - zugleich entwicklungsgeschichtliche Meisterleistung, Werkzeug und Waffe:
„Personal weapons are what raised mankind out oft he mud, and the rifle ist he queen of personal weapons. The possession of a good rifle as well as the skill to use it well, truly makes a man the monarch of all he surveys.”
   
Im Unterschied zu modernen Waffengegnern, die in der Waffe an sich und dem privaten Legalwaffenbesitz grundsätzlich ein Problem sehen, stellte Cooper klar, dass ein unbelebter Gegenstand niemals gut oder böse sein könne. Verantwortlich für seinen Einsatz ist einzig und alleine der Besitzer – im Fall einer Waffe der Schütze:
“The rifle is a weapon. Let there be no mistake about that. It is a tool of power, and thus dependent completely upon the moral stature of its user”.
  
Es gibt – neben ambitionierten Büchsenmachern und Schützen – mehrere große Hersteller, die ein Scout Rifle kommerziell umgesetzt und sich dabei mehr oder weniger an Coopers Vorgaben orientiert haben, darunter Steyr in Österreich und Ruger und Savage in den USA. Im Folgenden wollen wir einen Blick auf die drei heute erhältlichen massengefertigten Scout Rifles tun.
Zunächst wollen wir klären, was ein Universalgewehr nach Coopers Vorstellungen leisten soll:
“The general-purpose rifle will do equally well for all but specialised hunting, as well as for fighting; thus it must be powerful enough to kill any living target of reasonable size. … The rifle should be a repeater, permitting successive shots to be taken without reloading. It is most commonly found in what may be called bolt-action designs. .. A number of good self-loading actions are available, but they generally suffer from undesirable complexity and bulk, and they offer little in the way of increased rapidity of fire in the hands of a skillful marksman.”
   
Savage Scout Rifle
   
Waffeneigenschaften
Cooper definiert sehr klar eine Reihe von wünschenswerten Eigenschaften. Besonders wichtig ist die gute Handhabbarkeit:
“It is important that the general purpose rifle to be handy. … Speaking very generally, a rifle that is longer than one meter (39 inches) tends to be cumbersome for anyone engaged in active athletics”.
   
Naturgemäß definiert er nicht nur die Länge, sondern auch das wünschenswerte Gewicht der Waffe. Es sollte so beschaffen sein, dass man das Gewehr mit dem ausgestreckten rechten Arm für mindestens eine Minute problemlos halten kann. Entsprechend favorisiert er einen Kunststoffschaft – wobei er daran erinnert, dass die Länge dem Schützen passen muß.
Das ideale Kaliber sei zwar eigentlich die 30-06, aber schließlich bevorzugt Cooper die moderne 308:
„The 308 however, offers nearly the same performance in a shorter package, reducing the total amount of metal necessary in the action. Additionally the 308 is universally available.”
   
Die Waffe sollte unbedingt eine offene Visierung haben. Zielfernrohre mit großer Vergrößerung und engem Augenabstand sowie Red Dot- und andere modern Optiken seien nicht zwingend besser geeignet, um einem erfahrenen Schützen das Ziel gut aufnehmen und dabei auch das Umfeld weiter beobachten und durchs Feuer sehen zu lassen.
Das Gewehr muss für den Schützen freundlich („friendly“) sein, das heißt u.a. ihm in die Hand passen, ihn nicht behindern oder stören, sich gut tragen lassen etc. Die Freundlichkeit betrifft auch das Verhältnis Visierline und Seelenachse sowie Höhe der Schusshand am Pistolengriff im Verhältnis zur Visierlinie.
Für Cooper ist ein trockener Flintenabzug, der “wie Glas bricht” für die Präzision des Schützen eine zwingende Vorgabe: “A good trigger action will go further in making you a deadly field marksman than any other factor about your weapon.”
Schließlich benötigt das Universalgewehr einen Trageriemen (vorgeschlagen wird ein sogenannter Ching Sling, für den man drei Aufnahmepunkte benötigt) und die Möglichkeit, ein Zweibein einzusetzen (das aber nicht wesentlich zur Gewichtssteigerung beitragen soll).
   
Ruger Scout Rifle

Die drei moderne Scout Rifles
Um eines vorweg zu nehmen: alle drei heute erhältlichen Scout-Rifles erhalten durchweg gute Rezensionen von der deutschen und amerikanischen Fachpresse. Natürlich liegen am meisten Produkt-Reviews für die erst 2011 auf den Markt gebrachte Ruger Scout Rifle vor (z.B. in DWJ 6/2011), die nach Deutschland von AKAH und Henke importiert werden. Aber auch das andere amerikanische und das österreichische Modell brauchen sich hinsichtlich Präzision und Robustheit nicht zu verstecken. Alle verfügen (auch) über das Kaliber .308. In Kürze:


Die Waffe von Ruger ist aus Schichtholz und verfügt über einen 18 3/4 Zoll-Lauf. Sie kann mit Zwischenteilen von der Schaftlänge her angepaßt werden. Herausragend sind: das herausnehmbare 10-Schuß-Magazin (es gibt auch 5-Schuß-Magazine), die vorhandene, justierbare Ghost Ring-Visierung und die Picatinny-Schiene, die vor dem System angebracht ist, so dass ein zu montierendes Zielfernrohr einen großen Augenabstand hätte. Nachteilig ist bei dem Export-Modell, das man in Deutschland ausschließlich kaufen kann, dass nicht der mit 16 1/2 Zoll kürzere, brünierte Original-Lauf eingesetzt ist an dem sich ein Gewinde und ein daran befestigter Mündungsfeuerdämpfer befindet), sondern ein längerer Exportlauf ohne Gewinde. Mit knapp 1.200 Euro überschreitet die Waffe deutlich die magische "Unter 1.000 Euro"-Grenze, bleibt aber für die Verhältnisse deutscher Qualitätswaffen "preiswert".
  
Die Waffe von Steyr ist die einzige, an der Cooper selbst mitgearbeitet hat. Sie verfügt über einen Kunststoffschaft, in das nicht nur ein Ersatzmagazin integriert ist, sondern das auch ein leichtes Zweibein (dessen Robustheit mitunter kritisiert wird). Diese Waffe verfügt ebenfalls sowohl über ein 5- als auch über ein 10-Schuß-Magazin und es gibt sie in Schwarz, in Camouflage, in Holzfarben und mit imitierten Holzeinlagen sowie in den Kalibern .223 Rem, .243 Win, 7 mm-08 Rem und .308 Win. Die Lauflänge beträgt 19 Zoll und es sind sowohl ein Komiabzug als auch ein Druckpunktabzug möglich. Das Gewehr verfügt über eine Weaver-Schiene. Mit knapp 2.000 Euro ist diese Waffe am teuersten.
   
Die Savage-Waffe verfügt über einen schwarzen Kunststoff-Schaft, ein Vier-Schuß-Magazin und ein brünierten 20,5 Zoll-Lauf. Es hat wie das Ruger-Gewehr ein Ghost Ring-Sight. Es wird standardmäßig in .308 sowie 7,62 x 39 angeboten. Andere Kaliber und Waffenmodifikationen sind jedoch über einen Savage Custom Shop möglich.
  
Resümee
Keine der angebotenen Waffen entspricht heute der Reinform von Coopers Beschreibung - noch nicht einmal die Steyr-Waffe, an der er selbst mitgearbeitet hat (z.B. kein Flintenabzug) oder die modernste Scout-Waffe von Ruger (kein Dreipunkt-Riemen möglich, schwerer Schichtholzschaft).
Andererseits hat Cooper mit seinem Scout-Konzept einen Anspruch an eine Universalwaffe definiert, dem man sich von verschiedener Seite her annähern kann und der von allen Herstellern mehr oder weniger berücksichtigt wird (z.B. was Gewicht und Länge angeht). Auch die Präzision aller drei Waffen wird für jagdliche Zwecke als mehr als ausreichend beschrieben.
Ein Scout Rifle im Sinne des großen Jägers und Schußwaffenexperten Jeff Cooper ist nicht zwingend eine auch so genannte Waffe aus Massenfertigung. Da Coopers-Konzept öffentlich zugänglich ist, ist es spannender, sich sein eigenes Universalgewehr zu erschaffen (z.B. auf Basis eine Repetierers mit Mauser-System in .308 und einem neuen Scout-Kunststoffschaft, wie sie bei Henke angeboten werden) oder eine andere kommerzielle Neuwaffe zu modifizieren (z.B. eine Remington 700 mit 20-Zoll-Lauf um eine offene Visierung zu ergänzen etc.). Wir werden dies weiterverfolgen!
  
Verweise
- Rezension von Jeff Cooper. Art of the Rifle von JagdWaffenNetz
- Remington 700
- Steyr Scout
- Savage Scout
- Ruger
- Jeff Cooper: Art of The Rifle. Boulder 2002.
- Bob Cashner: Poor Man's Scout Rifle: A How-To Guide. Boulder 2003.
- Hans J. Heigel: Universell. Zylinderverschlusskarabiner Ruger M77 Gunsite Scout Rifle. In: dwj 6/2011.
- Review der Ruger Scout von Chuck Hawks