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Antietam, Jackson, Lee und Longstreet


Antietam ist ein Fluss in West Maryland in der Nähe von Sharpsburg. Am 17.9.1862 kämpften dort rund 41.000 Soldaten der Südstaaten unter General Robert E. Lee gegen die mit rund 77.000 Mann weit überlegene Potomac Armee unter Nordstaaten General George B. „Little Mac“ McCellan (nach anderen Berichten standen 55.000 Mann 84.000 Mann gegenüber). Obschon Antietam häufig als unentschiedener Schlachtverlauf bewertet wird, und in der heutigen Wahrnehmung von Gettyburg völlig verdrängt wird, gelang es Lee damit temporär, der wieder einmal gegen einige klassische Lehrbuchstrategien handelte, damit den Krieg auf das Territorium des Gegners zu verlagern. Scharfschützen spielten in Antietam eine wichtige Rolle.
Der Norden hatte im Sezessionskrieg trotz seiner Überlegenheit an Menschen und Material bislang schlecht ausgesehen. Anderthalb Jahre nach Kriegsbeginn war es nicht gelungen, einen größeren Sieg zu erringen oder Richmond in Virginia, die konföderierte Hauptstadt, einzunehmen. Im Gegenteil hatte der Norden bei Bull Run eine empfindliche und demütigende Niederlage kassiert und war auch weiterhin glücklos geblieben. Lee marschierte nach Bull Run über den Potomac in den Norden ein und bedrohte Maryland und Pennsylvania. Unionsgeneral McCellan versuchte Lees Invasion abzuwehren. Lees Truppen standen mit dem Rücken zum Potomac und hatten nur einen Flussübergang für einen möglichen Rückzug.
                                  
93rd Infanterie New York bei Antietam
                                    
Auf dem Marsch der Südstaatler lag zwischen Lees Truppen und seinem Nachschub ein wichtiges Waffenarsenal des Nordens, Harpers Ferry. Lee teilte entgegen allen Regeln seine Kräfte und schickte „Stonewall“ Jackson mit seinen Truppen gegen Harpers Ferry, das am 14.9. genommen wurde und mit gewaltiger Beute und über 12.000 Gefangenen an den Süden fiel. Inzwischen war allerdings dem Norden u.a. durch Abfangen eines Befehls von Lee klar geworden, dass der Süden diese Streitmacht zweigeteilt hatte und die Truppen McCellans versuchten, vorzustoßen und beide Südstaaten-Truppenteile von einander zu trennen. Lee stellte sich ihm entlang einer Höhenlinie mit Blick auf den Antietam entgegen und erhielt am Abend des 14. Verstärkung durch den Großteil von Jacksons Truppen. Zuvor hatten konföderierte Scharfschützen den Tag über Vorstöße von Unionstruppen verzögert. Dabei fiel Unions-General Jesso Reno durch Scharfschützen-Feuer des Sergeant Charles Bennett vom 23rd North Carolina Regiment.
            
Versorgung konföderierter Verwundeter nach Antietam
                    
Am 15. und 16.9. bekämpften sich Unions- und konföderierte Artillerie. Am Abend des 16. begannen die ersten Unionsangriffe, die noch den Charakter bewaffneter Aufklärung hatten.
Am 17. frühmorgens begann dann der massive Vorstoß der Unionstruppen. Zunächst griff das Armeekorps unter General Joseph „Fighting Joe“ Hooker, „Stonewall“ Jacksons Verbände auf der linken Flanke der Konföderierten an, die am nächsten am Potomac standen und bedrängte sie schwer. Durch konföderiertes Scharfschützen-Feuer fiel Unions-General Josph K.F. Mansfield. Hooker selbst, der einen leicht erkennbaren Schimmel ritt, wurde von Scharfschützen schwer verwundet. Es erfolgen verlustreiche Angriffe und Gegenangriffe, in deren Verlauf beispielsweise das etwa in der Mitte gelegene „Millers Maisfeld“ 15 Mal den Besitzer wechselte.
In der Mitte der Front verteidigte der konföderierte General Ambrose Powell Hill die als „Bloody Lane“ bekannt gewordene Straße und die Gehöfte der Familien Piper und Roulette gegen mehrere Angriffe von Sumners Truppen über vier Stunden hinweg.
Obwohl sich die Konföderierten im Zentrum zurückziehen mußten, hinderte McCellan seine Reservekräfte daran, vorzurücken, Lees Zentrum einzudrücken und die Konföderierten zweizuteilen. Die stellenweise stark ineinander verzahnten Gegner kämpften auf kürzeste Distanz und um jeden Meter Boden. Dennoch kamen nicht alle Unionstruppenteile zum Einsatz.
General Ambrose Everett Burnside gelang es schließlich, die untere Brücke „Rohrbach“ später „Burnside Brücke“) über den Antietam nach vier Stunden hartem Kampf gegen 400 entschlossene Männer aus Georgia gegen 15 Uhr einzunehmen, er wurde jedoch um 16 Uhr 30 von Hills Leichter Division, die in einem Gewaltmarsch von Harpers Ferry herangeführt wurde, aufgehalten. Konföderierte Scharfschützen töteten auf und vor der Brücke hunderte Unionssoldaten – meist aus Gebäuden und von einem Hügelkamm im Vorfeld auf Entfernungen von 200 und 500 yards.
               
Burnside Bridge
                       
Im späteren Verlauf der Schlacht töteten Unions-Scharfschützen den konföderierten Brigadegeneral Lawrence O’Bryan – allerdings zu spät, um den Schlachtverlauf zu beeinflussen. Anders als die Konföderierten, die Scharfschützen entsprechend ihrer Leistungsmöglichkeiten einsetzten, verschwendeten Unions-Offiziere bei Antietam die Hochwert-Ressource Scharfschützen meistens in einer „normalen“ Infanterie-Verwendung – so verblieb das 1. Unions Scharfschützen Regiment als Reserve, das 2. wurde trotz seiner Zielfernrohr-Waffen infanteristisch eingesetzt und in Sturmangriffen verheizt.
               
We are a band of brothers
And native to the soil,
Fighting for the property
We gained by honest toil.
And when our rights were threatened,
The cry rose near and far
Hurrah for the Bonnie Blue Flag
That bears a single star!
           
Chorus:
Hurrah, Hurrah!
For Southern rights Hurrah!
Hurrah for the Bonnie Blue Flag
That bears a single star.
       
As long as the Union
Was faithful to her trust,
Like friends and like brothers
Both kind were we and just.
But now, when Northern treachery
Attempts our rights to mar,
We hoist on high the Bonnie Blue Flag
That bears a single star.
         
First gallant South Carolina
Nobly made the stand,
Then came Alabama,
Who took her by the hand.
Next quickly Mississippi,
Georgia and Florida all raised on high Bonnie Blue Flag
That bears a single star
...

Bonnie Blue Flag, Lied der Confederate States of America
                          
Antietam kann als eine unentschieden ausgegangene Schlacht bewertet werden, obschon sich Lee aus dem Norden zurückziehen musste. Angesichts der Überlegenheit des Nordens ist das faktische Patt aber auch nicht als Sieg der Union zu bewerten. In dieser Schlacht, einer der blutigsten auf amerikanischem Boden, fielen rund 4.700 Mann, rund 18.500 wurden verwundet und rund 3.100 blieben vermisst.
Präsident Lincoln, der zu Kriegsbeginn in der Sklavenfrage einen „eher gemäßigten Standpunkt“ eingenommen hatte und mehrfach (z.B. noch 1862) die Sklavenemanzipation als Kriegsziel abgelehnt hatte und statt dessen die Einheit der Union als oberstes Ziel sah, reagierte auf die militärisch unbefriedigende Situation mit der Proklamation zur Abschaffung der Sklaverei und manövrierte damit den Süden politisch in die Defensive und die internationale Isolation ohne nennenswerte ausländische Unterstützung. Die weit überlegene Rüstungsmaschinerie des Nordens und die nahezu unerschöpflichen Menschenmassen besiegeln das Schicksal des Südens trotz einiger nennenswerter militärischer Erfolge wie z.B. Lees Sieg über Grant bei Fredericksburg (17.000 gefallene Nordstaatler, 8.000 gefallene Südstaatler). Anfang 1865 verfügt der Norden über eine Million Soldaten, der Süden noch über rund 100.000.
            
Stonewall Jackson

"To move swiftly, strike vigorously, and secure
all the fruits of victory, is the secret of successful war."
                       
„Stonewall“ Jackson

Thomas Jonathan „Stonewall“ Jackson (1824 in Clarksburg/Virginia - 1863) war einer der fähigsten amerikanischen Generale und ist nach wie vor neben General Robert E. Lee einer der am meisten verehrten Helden des Südens. Jackson stammte zwar aus kleinen Verhältnissen und hatte von zu Hause keine angemessene Vorbildung erhalten, konnte sich aber an der Kadettenakademie von Westpoint glänzend bewähren. Er nahm am Krieg gegen Mexiko 1846-48 teil und war spätestens zu diesem Zeitpunkt als einer der bekanntesten und fähigsten Offiziere der US-Armee bekannt. Jackson war ein überzeugter Christ und suchte lange nach einer religiösen Heimat. Während der Besetzung Mexikos versuchte er zum Beispiel den Katholizismus zu verstehen und sprach mit hohen katholischen Würdenträgern Mexikos. Schließlich fand er während seiner Stationierung in als Professor für Artillerie am Virginia Military Institute seine Erfüllung. Seine christliche Überzeugung begleitete ihn auch im Sezessionskrieg auf dem Schlachtfeld. Christ sein bedeutete für Jackson nicht, Pazifist zu sein. Im Gegenteil sah er in der Verteidigung seiner Heimat und der auch territorialen Unabhängigkeit des Südens auch einen göttlichen Auftrag, der in best möglicher Weise ausgeführt werden musste. Lee bezeichnete Jackson mehrfach als seine "rechte Hand".
Bei einer Geländeerkundung am 2.5.1863 wurde Jackson versehentlich durch eigene Truppen beschossen und verwundet. Nach Amputation seines linken Armes verstarb er während seiner Rekonvaleszenz am 10.5. an Lungenentzündung.
                             
Robert E. Lee
                
Headquarters, Army of Northern Virginia, April 10, 1865
"After four years' of arduous service, marked by unsurpassed courage
and fortitude, the Army of Northern Virginia has been compelled to
yield to overwhelming numbers and resources. I need not tell the
survivors of so many hard-fought battles, who have remained steadfast
to the last, that I have consented to this result from no distrust
of them; but, feeling that valour and devotion could accomplish nothing
that could compensate for the loss that would have attended the
continuation of the contest, I have determined to avoid the useless sacrifice
of those whose past services have endeared them to their countrymen."
R. E. Lee, General
        
Robert Edward Lee
Geboren 1807 in Westmoreland County/Virginia war Lee, der im Krieg gegen Mexiko verwundet wurde und sich bei Cerro Gordo und Chapultepec aus, Direktor von Westpoint und lehnte als Virginier zu Beginn des Sezessionskrieges das Oberkommando der US-Armee ab. Zunächst fungierte er als militärischer Berater des konföderierten Präsidenten Jeff Davis und wird dann das Kommando über die neuformierte Nord-Virginia-Armee. Siegreich bei Fredericksburg, Chancellorsville scheitert er bei Gettyburg und kapituliert schließlich vor dem notorischen Trinker, genialen Soldaten und erstem Vertreter der Lehre vom „totalen Krieg“, General Ulysses Sipmson „Sam“ Grant (1822-1885). Nach dem Krieg war er Präsident des Lexington College in Virginia und starb schließlich 1870.
    
James Longstreet

Headquarters Right Wing, Army before Richmond, June 17, 1862
Soldiers: You have marched out to fight the battles of your country,
and by those battles you must be rescued from the shame of slavery.
Your foes have declared their purpose of bringing you to beggary;
and avarice, their natural characteristic, incites them
to redoubled efforts for the conquest of the South in order
that they may seize her sunny fields and happy homes.
... Let such thoughts nerve you up to the most dreadful shock of battle;
for were it certain death, death would be better
than the fate that defeat would entail upon us all."
James Longstreet, Major-General, Commanding
                               
James Longstreet
James „Old Pete“ oder „Old Warhorse“ Longstreet (1821 in Edgefield District/South Carolina -1904) war neben „Stonewall” Jackson der zweite Spitzengeneral Lees, neben dem – wie ein Historiker schrieb – auch sehr fähige Nordstaatengenerale regelmäßig wie Anfänger aussahen. Der Infanterist Longstreet wurde ebenfalls im Mexikokrieg verwundet und kämpfte u.a. bei Bull Run, Williamsburg und Seven Pines, bevor er an der Schlacht um Antietam teilnahm. Danach focht er bei Fredericksburg, Gettyburg, Chickamauga und wurde bei Wilderness verwundet. Im Sezessionskrieg ist Longstreet trotz seiner Verdienste und seiner Begabung eine tragische Figur. Er verlor nicht nur drei seiner Kinder innerhalb kürzester Zeit bei einer Scharlach-Epidemie, sondern er verantwortete auch den - gegen seine eigene Überzeugung und unter Widerspruch - verlustreichen Angriff von Picketts Division. Dieser Umstand führte dazu, dass ihm einige Zeitgenossen und Historiker zu Unrecht die Niederlage bei Gettysburg anlasten. Longstreet war nach dem Krieg in einigen privaten und staatlichen Funktionen tätig und starb 1904 geschwächt durch eine Krebserkrankung an Lungenentzündung.
           
Literatur und Verweise

- Jack L. Dickinson (Hg.): Diary of a Confederate Sharpshooter. Charleston1995.
- Harrison Hunt: Heroes of the Civial War. New York 1990.
- Bernd C. Längin: Der Amerikanische Bürgerkrieg. Augsburg 1998.
- John L. Plaster: Sharpshooting in the Civil War. Boulder 2009.
- Scharfschützen im Sezessionskrieg
- Stonewall Jackson Haus (Museum/Gedenkstätte) in Lexington
- Originaltexte von General Lee
- Arlington House, Robert E. Lee Memorial