Tricks der Waffengegner: Die Salamitaktik und ihre Helfershelfer

Die Art und Weise wie der legale Privatwaffenbesitz in Deutschland bekämpft wird, sagt viel über viele Waffengegner aus: Es wird mit Diskriminierung gearbeitet („Waffennarren“, „Waffenfetischismus“), Grundrechte werden faktisch geschmälert (anlassloses Betreten der Wohnung zur Aufbewahrungskontrolle), DDR-Schikanen werden versucht wieder zu beleben (keine Waffen und/oder Munition in Privathaushalten) und Millionen von Familien geraten ganz schnell unter den Generalverdacht, ein Sicherheitsrisiko darzustellen (weil jemand Jäger, Schütze oder Sammler ist). Geltendes Recht führt entweder zu Unsicherheit (Welche Absagegründe gibt es bei einer Kontrolle? Welcher Zweck für das Führen eines Messers ist sozialadäquat? etc.) oder wird von mancher Behörde sehr großzügig interpretiert (so sollen z.B. Schießsportvereine vermeintlich inaktive Schützen nennen oder Aufbewahrungskontrollen werden für Waffenkontrollen genutzt). Ein Trick der Waffengegner, den wir im Folgenden Salamitaktik nennen wollen, ist aber deshalb so gefährlich, weil Legalwaffenbesitzer dazu neigen, darauf hereinzufallen oder ihn selbst einzusetzen, um Legalwaffenrechte abseits der eigenen Partikularinteressen zu schmälern.
Nur ganz wenige Waffengegner fordern radikal das Verbot von privaten Legalwaffen. Sie wissen genau, dass es dazu erstens keine Rechtsgrundlage gibt, zweitens in diesem Fall jedes Schusswaffendelikt einen Beweis gegen die Wirksamkeit ihrer Ideen darstellen würde (und die Totalentwaffnung bringt belegbar keinen Sicherheitsgewinn - das wissen sehr viele von denen) und drittens die Verantwortlichen mit einer massiven Flut von Beschwerden, Klagen und Protestformen überzogen würden, die ihr politisches Überleben in Frage stellen würde. Solche Positionen können sich u.a. Leute leisten, die entweder nicht auf Wähler oder Unterstützer angewiesen sind, die mit ihrer Meinung ohnehin ausgegrenzt sind oder die so fanatisch sind, dass ihnen Sachlichkeit, Realitätssinn und negative Konsequenzen gleichgültig sind.
                           
Gefährlicher sind diejenigen Waffengegner, die den Legalwaffenbesitzern mit einer Politik der kleinen Schritte das Leben schwer und schwerer machen. Wie bei einer Salami wird eine Scheibe nach der anderen vom Recht auf privaten Legalwaffebesitz abgeschnitten.
                       
Man wird nicht Legalwaffenbesitzer, weil man Waffen besitzen möchte, sondern, weil man damit jagen oder Sport treiben oder eine kulturhistorisch bedeutsame Sammlung anlegen möchte. Sowohl die Jagd, als auch der Breitensport oder die Bewahrung von Kultur ist übrigens nicht nur für den Einzelnen, sondern auch gesellschaftlich betrachtet wertvoll. Wenn aber immer neue und neue gesetzliche Regelungen oder behördliche Verfahren diese drei Aktivitäten mehr und mehr einschränken und erschweren, so dass in vielerlei Hinsicht die Jagd oder der Sport oder die Sammlung selbst inhaltlich beeinträchtigt wird, stellen sich viele Legalwaffenbesitzer irgendwann die Sinnfrage und sind gewillt, ihre Jagd, ihren Sport oder ihre Sammlung aufzugeben.
                      
Ein paar Beispiele: Es ist anzunehmen, dass biometrische Sicherheitssystem ungeachtet des Zweifels an ihrem Nutzen von der Politik durchgesetzt werden- wahrscheinlich noch 2010 und mit einer Übergangsfrist innerhalb der bestehende Sicherungssysteme ausgetauscht werden müssen. Im schlimmsten Fall bedeutet das, dass jede einzelne Waffe so für zwischen 100 und 200 Euro gesichert werden muss. Hinzu kommen möglicherweise Kosten für eine anlasslose (und ggf. auch ergebnislose) und unerwünschte Aufbewahrungskontrolle oder gar Waffensteuern (die Idee ist noch nicht tot und könnte ebenfalls mit jeweils 100 oder 150 Euro zu Buche schlagen). Und wenn alle paar Jahre plötzlich diese Lauflänge, jene Schaftform oder diese Geschossform verboten wird, ohne dass Altbesitz legal bleibt, stellt das schlicht eine Enteignung dar. Weiters enthält das Waffengesetz eine Vielzahl von absurden und ideologiegetriebenen Bestimmungen, die Jagd, Sport und Sammlung bzw. dazugehörige Dienstleistungen erschweren: z.B. das Verbot von Schalldämpfern (Gehörschutz für den Schützen und Lärmreduktion für seine Umwelt), von Lasern als Zielhilfe (z.B. während einer gefährlichen Nachsuche bei schlechter Sicht), von Nachtsehoptik (z.B. zur sicheren nächtlichen Schwarzwildjagd), von bestimmten Lauflängen oder von Magazinen bei jagdlich genutzten Selbstladewaffen mit mehr als zwei Schuss Kapazität. Und so eine Smartgun, wie sie Anschütz propagiert, wo man ein Plastikarmband zur Aktivierung tragen muss und Hunde und Treiber markiert, in deren Richtung man nicht schießen kann, die macht aus der Jagd nach Meinung einiger Jäger so eine Art Videospiel. Es gibt aber keinen einzigen Beweis dafür, dass die Wilderei bzw. die Gewaltkriminalität von Jägern, Sammlern oder Schützen durch die Lockerung eines dieser bestehenden Verbote irgendwie beeinflusst würde.
                           
Das Besondere an der Salamitaktik ist, dass die Restriktionen zwar immer weiter verschärft werden, aber niemals dadurch unsinnig gewordene Einschränkungen aufgegeben werden. So würde bei biometrischen Systemen an jeder Waffe niemals auf die Aufbewahrung in einem Waffenschrank oder die Trennung von Waffen und Munition verzichtet werden, obschon dies ja eigentlich unsinnig ist, wenn mit der Waffe ohnehin niemand mehr schießen kann. Genau so wenig dürften Smartguns bildlich gesprochen an die Wohnzimmerwand gehängt werden, obwohl mit ihnen doch wirklich überhaupt gar kein Missbrauch betrieben werden kann. Lassen Sie es mich extrem formulieren: Wenn es stimmen würde, dass waffenindividuelle biometrische Sicherungssysteme und Smartguns mit Aktivierungsmechanismus Waffen wirkungsvoll vor Missbrauch sichern, würde es doch keinen Grund mehr für ein Führverbot dieser Waffen geben, oder? Und die zertifizierten Schränke wären auch überflüssig, oder?
                           

Man müsste annehmen, dass Befürworter des legalen Privatwaffenbesitzes sich vehement gegen jede einzelne Restriktion wenden, auch wenn sie diese (noch) nicht betrifft und umgedreht jede Liberalisierung begrüßen. Das ist aber nicht der Fall. Im Gegenteil.
Zum einen lassen viele Jäger viele Restriktionen für Schützen oder Sammler erstaunlich kalt – und umgekehrt. Der Glaube, es gehe der eigenen Gruppe irgendwie besser, wenn es die anderen noch mehr erwischt ist sehr kurzsichtig. Erstens wird es sicher irgendwann auch wieder den Missbrauch einer Jagdwaffe geben und dann sind mit der gleichen Logik der Konzentration auf das Tatmittel Waffe die Jäger dran wie zuvor die Sportschützen. Und zweitens stellt jeder Schritt in Richtung gesellschaftlicher und gesetzlicher Ächtung des Waffenbesitzes einen Schritt in Richtung Totalverbot dar. Wem das heute undenkbar erscheint, der mag sich daran erinnern, wie noch vor 10 Jahren in Büros, auch während Sitzungen, in Flugzeug und Eisenbahn und in Gaststätten und eigentlich überall geraucht wurde. Dies ist heute nicht nur verboten, sondern es ist auch Konsens, dass es verboten sein soll.
                                 
Weiters denken innerhalb dieser Gruppen auch wieder zu viele nur an ihre augenblickliche Situation: Der Kleinkaliberschütze will ohnehin keine 9 mm Waffe. Der Ordonnanzgewehrschütze will ohnehin kein IPSC- oder Cowboy Action Shooting betreiben. Der Luftgewehr- oder Bogenschütze will ohnehin keine erwerbscheinpflichtige Schusswaffe. Der Sportschütze braucht kein Einhandmesser und keine lange Klinge. Der Sammler will vielleicht keinen Munitionserwerbsschein. Der Gelegenheitsjäger ohne Schwarzwildschäden will ohnehin nicht nachts schießen. Der jagdliche Traditionalist lehnt selbstverständlich Selbstlader ab. Der Jäger ohne Nachsuchehund und ohne Fallen will ohnehin keine Kurzwaffe. Der Sonntagsjäger braucht nicht mehr als zwei Langwaffen. Der Biathlet kennt schon nichts anderes als Smartguns mehr und warum soll es die nicht auch für die Jagd geben etc. Für den einen Legalwaffenbesitzer sind 100 Euro mehr pro Waffe gar kein Problem, für den anderen ist Angeln eine gleichwertige Alternative. Und und und. Es geht den Befürwortern von waffenrechtlichen Restriktionen aber niemals nur um Teilaspekte des Waffenbesitzes, sondern allen Verboten ist immer die grundlegende Annahme (mehr ist es nicht) zu eigen, dass Waffenbesitz grundsätzlich gefährlich und deshalb einzuschränken - und langfristig zu beseitigen ist.
                                  
Und das Durchhaltevermögen der Legalwaffenbesitzer in Punkto Protest ist auch nicht gerade stark ausgeprägt. Erstens gibt es immer noch viel, viel zu wenig Mitgliedschaften in Waffenrechtsorganisationen wie VdW, Pro Legal, Fördervereinigung legaler Waffenbesitz oder Forum Waffenrecht – obwohl die Mitgliedschaft in einem Landesjagdverband oder einem Schießsportverein - so sinnvoll sie auch ist - nichts, aber auch gar nichts mit der Verteidigung des Rechtes auf Legalwaffenbesitz zu tun hat. Und die 12 Euro für eine Jahresmitgliedschaft kann sich wohl auch jeder Legalwaffenbesitzer leisten. Zweitens ist die Wut erst einmal verraucht, wird zu oft auch gerne „vergeben und vergessen“ und Hersteller oder Politiker oder Medien müssen deshalb lediglich „den Helm eine Weile enger schnallen“, brauchen aber keine anhaltende Kritik oder gar Protest zu fürchten, obwohl sie ihr Tun nicht ändern, sondern häufig genug fortsetzen. Und drittens „ist/kommt ja alles gar nicht so schlimm“ bzw. „regelt das schon der Verein/der Jagdschutzverband etc.“.
                    

Und dann ist da noch die viel zu oft lethargische Industrie. Der Protest der Messerindustrie gegen die Gesetzesnovelle mit dem Führverbot war mehr als verhalten und es hat sehr lange gedauert, bis die vielen martialischen Tactical-Messer alltagstauglich verändert wurden. Ein Wohlfühl-Gespräch mit dem Minister - vielleicht auch nur mit einem Landesminister - oder im schlimmsten Fall mit einem Staatssekretär - und dann weiß man, dass es "ja gar nicht so streng ausgelegt werden wird". Schade, dass einem solche "Beruhigungspille" bei einer polizeilichen Kontrolle gar nichts hilft. Und solche Traditionsunternehmen wie Anschütz treiben auf einmal die Idee der Smartgun voran und schaffen damit ob gewollt oder nicht und uneinsichtig gegenüber dem massiven Protest von Legalwaffenbesitzen einen weiteren Baustein für die Voraussetzung zum endgültigen Verzicht auf einen ungegängelten Jagdwaffeneinsatz. Die Hersteller klassischer Jagdwaffen fühlen sich oft entweder nicht betroffen oder verfügen über Auslandsmärkte bzw. einen Law Enforcement-Markt zur Risikodiversifikation. Und die Unternehmen, die durch Unterstützung von Pro Legal oder anderen Waffenrechtsorganisationen sind nicht unbedingt die größten der Branche. Obwohl sich im Internet erfreulich viele Blogs und Netzwerke der „Waffenszene“ etabliert haben, sind die Waffen-/Jagdfachmedien immer noch dazu aufgerufen, sich gegen Fehlentwicklungen zu wenden. Beim Beispiel Anschütz gab es trotz der Ungereimtheiten der Unternehmensposition (man habe – ausgerechnet auf einer Sportveranstaltung – mit der halboffiziellen Broschüre der jagdlichen Smartgun nur eine Diskussion anregen wollen …) aber aus dieser Richtung (mit Ausnahme der „Visier“) viel zu wenig Kritik.
                          
Gegen die Salami-Taktik der Waffengegner ist deshalb nur ein Kraut gewachsen: Deutschland hat eines der schärfsten Waffengesetze der Welt. Gesetze können keine Straftaten verhindern. Deshalb darf es keine Toleranz gegenüber irgendwelchen weiteren Restriktionen geben – unabhängig davon, ob man selbst gegenwärtig betroffen ist oder nicht. Der Angriff auf einen Teil der Legalwaffenbesitzer muss als Angriff auf den Legalwaffenbesitz insgesamt mit dem Ziel seiner endgültigen Abschaffung verstanden und entsprechend abgewehrt werden. Die Mitgliedschaft in einer Waffenrechtsorganisation zusätzlich zur Vereins- bzw. Hegeringmitgliedschaft muss als Mindestleistung zur Aufrechterhaltung des legalen Waffenbesitzes verstanden und von jedem Einzelnen gefordert werden, wobei zusätzlich auch das Eintreten jedes einzelnen Vereines für die Rechte seiner Mitglieder eingefordert werden muss. Sport und Geselligkeit sind heute viel, viel zu wenig.

Verweise
Warum ich (vorerst?) keine Anschützwaffen mehr kaufen werde
Getrennt marschieren, vereint für legalen Waffenbesitz
Klagt nicht, schreibt. Medienarbeit von Jägern und Schützen
VdW gegen Unklarheit bei Waffenrechtsanwendung