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"Das ist Afrika!" - Rezension von Anno Heckers Klassiker

Heute ist Anno Hecker ein wenig in Vergessenheit geraten. Vor einigen Jahren jedoch konnte man seine Artikel regelmäßig in Jagdzeitschriften lesen. Nicht aber wegen seiner Zeitschriftenartikel ist Anno Hecker legendär, sondern wegen seiner für einen Deutschen ungewöhnlichen Afrikaerfahrungen. Hecker arbeitete von 1955 bis 1968 in Tansania - zuletzt als Chef der Wildhüterschule in Mweka.
Die Druckqualität des Buches ist nicht besonders und die Fotoqualität der Zeit entsprechend. Der Text ist ebenfalls zeittypisch und der Untertitel klingt antiquiert "Dornen, Durst und Tsetsefliegen". Aber Anno Hecker ist trotzdem ein "Strong Buy", eine unbedingte Kaufempfehlung. Aus den Buchseiten spricht unverfälschtes Afrika wie es ein Ausnahmejäger so umfangreich erlebt hat wie kaum jemand sonst.
     
Hecker geht als junger Mann nach Tansania und wird dort nach einigen Umwegen "Field Officer Tsetse" und bei der Bekämpfung dieser Seuche eingesetzt. Dann wird er Elefantenkontrolleur und leitet schließlich das College of African Wildlife Management in Mweka. Auch nach seiner Rückkehr bereist er bis 2002 Afrika. Hecker, der eigentlich von der Ausbildung in Deutschland her Förster war, führt nicht nur Problem Animal Control- (PAC) Einsätze, sondern auch Anti-Wilderer-Patroullien. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Hecker einer der Wegbereiter modernen Wildlife-Managements in Tansania ist.
   
    
Hecker ist einer jener legendären Jäger, jener "White Hunters", die heute aus Afrika verschwunden sind. Bemerkenswerter Weise ist er jedoch nie Berufsjäger gewesen, sondern arbeitete stets im Behördenauftrag. Vermutlich weiß Hecker selbst nicht, dass er auch als Schriftsteller gewaltiges leistet:
 
"Plötzlich sinkt der nur mit einem Lendenschurz bekleidete Schwarze in die Knie. Es ist so still, dass ich das Hämmern des Herzens und das Rauschen des Blutes in den Ohren höre. Und ehe ich begriffen habe, hebt sich ein dunkler Schatten aus dem Gewirr der Zweige, wächst in die Höhe, und wird größer - mein Gott, so groß kann doch gar kein Büffel sein! Ein schiefergraues Horn hinter dem Röhricht, ein nach vorn zuckender, ausgefranzter Lauscher, und schon ist alles mit einem kurzen explosionsartigen Schnauben, brechenden Ästen und wirbelndem Staub vorbei."
 
Hemingway hätte es nicht besser beschreiben können. Vermutlich hätte Hemingway aber nicht in so lakonischer Art über allerhand Erschwernisse im Tansania der 50er Jahre berichtet. Und vor allem waren diese Lebensumstände für Hecker jahrelang und nicht wochenlang Alltag. Wie aber sieht es beim Einsatz gegen Problem Animals - hier Schadelefanten - aus? Hecker beschreibt:

"... Umstände, welche die Kontrolljagd zu einem verdammt harten Job werden lassen. Die notwendigen Abschüsse erfolgten, wenn die Dickhäuter auf den Mais und Hirsefeldern oder in den Bananenpflanzungen zu Schaden gingen, und das war in der Regenzeit oder kurz danach im oft übermannshohen Gras. Viele Straßen und Wege sind dann, wenn überhaupt, schwer passierbar; kleinere Holzbrücken, wenn überhaupt, weggeschwemmt und manche Talböden mit dem berüchtigten 'Black Cotton Soil' auch für Geländewagen recht tückisch. Oft ist das Operationsgebiet nur mit Trägern zu erreichen, die dann ja auch für sich Zelte und Nahrung schleppen müssen."
 

Hecker erlegt u.a. rund ein Dutzend Leoparden und beschreibt nicht nur Nachsuchen, sondern auch seine Vorbereitungen zur sicheren Erlegung dieser gefährlichen Raubkatze, darunter auch "Maneaters", Tiere, die bereits mehrere Menschen getötet hatten:
  
"Drei Wochen lang versuchte ich unter Einsatz von Game Scouts vergeblich mit Ködern und Schußfallen des Räubers [Leoparden] habhaft zu werden. ... Auch eine Treibjagd, an der sich (ohne mich) über 30 Bogenschützen mit Giftpfeilen beteiligten, verlief ergebnislos. Immer mehr verstärkte sich der Glaube, dass man es mit einem Scheitani, einem bösen, nie zu fassenden Geist, zu tun habe. ... Bis dann eines Morgens Mtwale Daudi, der Ortsvorsteher, meldete, dass der Chui in der Früh einen Hund gerissen habe ...Dem Weg folgend kamen wir zu einer Blöße, auf der sich mehrere Pfade kreuzten. Hier nun wollte ich, ein lebendes Ködertier nutzend, ansitzen. ... Wir rieben uns gründlich mit Mückenöl ein und stellten befriedigt fest, dass der Wind gut war. Auf den Knien mangels Zielfernrohrbüche die mit SSG-Patronen (fast 7 mm starke Schrote) geladene Doppelflinte. ... Ich kann soeben die Ziege noch erkennen und denke, dass in wenigen Minuten ohne den Stabscheinwerfer nichts mehr zu schießen sein wird, da fliegt geradezu, lautlos wie der Blitz, der Leopard flach über den Boden ... Augenblicklich habe ich die Waffe an der Wange ...  trotz des starken Mündungsfeuers meine ich den Leoparden im Mündungsfeuer zusammenbrechen zu sehen. Im Strahl von Nasoros Lampe Lampe liegt die große Katze wie ein breites Band roten Goldes vor uns".

Das besondere an Anno Hecker ist noch nicht einmal, dass er ein Ausnahmejäger und stahlharter Kerl ist - vermutlich, ohne es zu wissen. Das besondere an ihm ist, dass er ein echter Schriftsteller ist, einer der der Sprache und den Schilderungen der Jagd Schönheit verleiht und gleichzeitig spannend ist wie einer jener Romane, die man als Jugendlicher liest. "Das ist Afrika!" könnte auf Klopapier gedruckt sein, man müßte es kaufen. Das Buch könnte nur übertroffen werden von einem wirklichen Pirschgang mit Hecker. Wie jemand richtig sagte: Ein Tag mit ihm ist wie ein Jahr Afrika.
   
Anno Hecker: Das ist Afrika. Melsungen, 2. Auflage, 2009.