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Heckler & Koch: G36 und SL8

Die Produktfamilie G36 im Kaliber 5,56 x 45 bzw. .223 Remington ist seit 1997 das Standardsturmgewehr der deutschen Bundeswehr und inzwischen eine im Gefecht (alias „kriegsähnliche Zustände“) erprobte Waffe. Beim dem G36 handelt es sich um eine automatische Handwaffe (Gasdrucklader) mit Magazinzuführung für Einzelfeuer und Feuerstöße. Das SL8 ist das „nahe am G36“ konstruierte HK-Sportgewehr (Selbstlader).


G36 Der Großteil der Waffe wie das Gehäuse, die klappbare Schulterstütze und der Handschutz bestehen aus modernen Verbundwerkstoffen, die dem G36 anfänglich von an den Vorgänger G3 gewöhnten Soldaten den Ruf eines „Plastikgewehrs“ eingebracht haben. Das Gewehr wiegt (ohne Magazin und Munition) 3,63 Kg. Das G36 besteht aus vier Grundmodellen:
  • G36C (das kürzeste mit 716 mm Länge)
  • G36K (833 mm)
  • G36 (1002 mm)
  • G36 „CQB“ (988 mm)
Die Bundeswehr verwendet im Allgemeinen das G36 mit 1.002 mm Länge und einer Kombinationsoptik aus einer dreifachen Vergrößerung und einem Lichtpunktvisier. Die Optik weist darüber hinaus eine Strichplatte mit Visiermarken von 200 m bis 800 m auf (200 m-Schritte) sowie mit Vorhaltemarken für seitliche Zielbewegungen (bei 200 m).
Zunehmend sieht man an Stelle des herkömmlichen Lichtpunktvisiers aber auch Lichtpunktvisiere von Aimpoint oder Eotech (Modell 551 und 552). Weitere optische Zusatzelemente sind der Restlichtverstärker Zeiss NSV 80 bzw. NSA80, ein Laser-Licht-Modul (Weißlicht und Ziellaser) und – alternativ zum herkömmlichen Lichtpunktvisier – ein Reflexvisier von Zeiss (Zeiss RSA).
Ebenso sieht man zunehmend vertikale Handgriffe am Handschutz („Sturmgriffe“), wobei zur sicheren Beherrschung einer Waffe mit Sturmgriff eine gewisse Gewöhnung erforderlich ist.




Zum Verschießen der bekannten 40 mm Granate (z.B. Spreng-Brand-Geschoss), die vor dem G36 und auch noch heute mit der HK Granatpistole (HK 69 A1) verschossen wurde, dient das Anbaugerät AG 36. Hinzugefügt werden muss in diesem Fall ein Leitervisier.
Munition kann in transparenten 30-Schuß-Magazinen mitgeführt werden, die sich aneinander koppeln lassen (maximal drei Stück), oder in einem 100 Schuss fassenden Trommelmagazin. Das Gewehr verfügt bei einer Rohrlänge von 480 mm über sechs Züge, eine Dralllänge von 178 mm (Rechtsdrall). Die Kampfentfernung wird mit bis 500 m angegeben.
Weitere Zubehörteile sind u.a. ein Zweibein, ein Bajonett und Schalldämpfer von Brügger & Thomet.
Das G36 hat sich inzwischen in zahlreichen Gefechten in Afghanistan bewährt. Im Kontext der exzellenten modernen Schießausbildung der Einsatzkontingente hat die Waffe alle Anforderungen der Praxis erfüllt und sich dem AK-47 u.a. Kalashnikovs als mehr als gewachsen erwiesen. Der ursprünglich mitentscheidende Grund des Kaliberwechsels auf von .308 Win auf .223 Rem, die leichtere Munition und deshalb größere mitführbare Munitionsmenge, hat sich ebenfalls angesichts teils stundenlanger Kampfhandlungen von auf sich gestellten Infanterieeinheiten als positiv erwiesen. Der Zwang der NATO-weiten Kaliber-Standardisierung wirkt sich im Einsatz ebenfalls positiv aus. Insbesondere mit selektiver Verwendung von schwereren Kalibern bei Scharfschützen (.300 Win Mag) oder Sturmgewehrschützen mit G3 (ähnlich Designated Marksmen), ist die Patrone .223 Rem der Realität der Kampfhandlungen absolut angemessen.
Als nachteilig erweist sich heute allenfalls die schwarze Färbung der Waffe (die die Behörden in der Anfangszeit des ähnlichen Sportgewehrs SL8 als militärisch interpretierten, so dass das SL8 zunächst „in zivil“ in hellgrau auf den Markt kam). Im Einsatz wird das Gewehr jedoch gelegentlich (verbotenerweise) mit speziellen (wieder entfernbaren) Farben oder mit Klebeband oder Textilien auf die Verhältnisse des Geländes und der Witterung angepasst. Da reines Schwarz nirgendwo in der Natur vorkommt, ist die Farbfrage des G36 und anderer „Black Rifles“ nicht einsatzspezifisch.
Neben der Bundeswehr haben auch die spanischen Streitkräfte das G36 eingeführt, sowie eine Reihe von Polizei- und Spezialverbänden im In- und Ausland. 

SL8
Das SL8 ist eine Selbstladebüchse, primär für Sportschützen (HK nennt das SL8 „Sportgewehr“), keine Kriegswaffe. Sie trat die Nachfolge des "Reservistengewehrs" SL7 (.308 Win) und SL6 (.223 Rem) an, die mit ihrem Holzschaft eher jagdlich anmuteten. Selbstverständlich sind die beiden HK-Produkte G36 und SL8 nicht nur technisch verwandt, sondern auch inhaltlich. Wenn die Bundeswehr eine neue Waffe einführt, ist es nicht nur verständlich, sondern sinnvoll, dass Reservisten mit einem ähnlichen System üben können, ohne deshalb eine formale Wehrübung ableisten zu müssen – z.B. in den schießsportlichen Gliederungen des Verbandes der Reservisten der deutschen Bundeswehr. Wehrübungstage sind begrenzt, teuer und stehen heute primär für die Entlastung oder unmittelbare Unterstützung im Ausland befindlicher Verbände bereit oder für die Weiterbildung in wenigen Spezialfunktionen. Für Waffen- und Schießausbildung ist dabei nur sehr begrenzt Zeit. Truppenwehrübungen für das Gros der Reservisten gibt es heute nicht mehr. Dennoch bedarf es regelmäßiger Übung, um die Schießfertigkeit mit den Standardwaffe zu erhalten (auch wenn der Reservistenverband dies unverständlicherweise zu sehr vernachlässigt).
Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen (Anscheinswaffen-Paragraph) sahen die ersten SL8 trotz allem nicht nur deutlich anders aus als das G36 (z.B. durch eine empfindliche, hellgraue Färbung, sondern wiesen auch einige Besonderheiten auf, die Auswirkungen auf die Handhabung hatten. Zu den „unnatürlichen“ Änderungen gehören z.B. der Lochschaft mit einem Daumenloch und die Verwendung von 5 mm-Imbusschrauben an Stelle der gefederten Haltebolzen. Offensichtlich soll damit u.a. schnelles Anschlagen und schnelles Zerlegen und Zusammensetzen verhindert werden. In der Praxis sind dies untaugliche Maßnahmen, um Missbrauch zu verhindern. Sie sind jedoch geeignet, den Sportschützen zu behindern. Inzwischen gibt es nicht nur (seit 2004) werksseitig schwarze SL8, sondern auch Färbesets (in unterschiedlicher Qualität) sowie den originalen G36-Handschutz und eine Reihe von Schaftsystemen (u.a. von Geber Technik, H.E.R.A., IEA von 300 bis rund 700 Euro).


Selbstverständlich ist das SL8 ein Selbstlader und kein automatisches Gewehr mit der Einstellung Feuerstoß oder 3-Schuß-Modus.
Das SL8 ist wie das G36 ein Gasdruckladers mit Drehverschluss und verfügt über ein kaltgehämmertes, hartverchromtes Rohr mit Zügen und Feldern (Rohrlänge 510 mm, Gesamtlänge 980 bis 1.030 mm). Das Gewehr wiegt ohne Magazin 4,2 Kg. Es ist erhältlich mit langer Visierschiene (offene Visierung), kurzer Weaverschiene und Tragebügel mit dreifach vergrößender Optik. Welche Anbau- oder Umbauteile man verwendet, hängt sicherlich auch von der gewünschten Verwendung ab. Natürlich kann man die vom G36 stammende Optik austauschen, der nachgesagt wird, ein nicht mehr zeitgemäßes Rotpunktvisier zu beinhalten. Wer aber „nahe am G36“ in seiner Grundform trainieren möchte, benötigt natürlich genau dessen Optik. Wesentlich sinnvoller ist aus dieser Perspektive der Austausch der Kunststoff-Schiene gegen eine verwindungssteife Aluminium-Schiene, die HK selbst fertigt. Unverständlicherweise schreibt die Schießsportordnung des Reservistenverbandes (anders als andere Sportordnungen) den originalen SL8-Lochschaft vor. Das ist im Hinblick auf ein Bundeswehr-nahes Schießtraining unsinnig. Für Zweibeine und Rückstoßbremsen gibt es inzwischen mehrere Anbieter.
Das SL8 ist heute neu für rund 1.700 Euro erhältlich, gebracht oft schon für unter 1.000 Euro. Für den ambitionierten Sportschützen mögen sich im Hinblick auf Präzision, Zubehör und individueller Adaption inzwischen die HK-Neuheiten MR 223 oder MR 308 anbieten, die rund 1.000 Euro teurer sind, oder einer der exzellenten deutschen M-16-Klone (etwa von Oberland Arms oder Schmeisser, preislich auf dem Niveau des SL8 beginnend). Wer im Hinblick auf sein Leistungsvermögen mit dem G36 schießt, wird zum SL8 greifen.

Quellen